Antrag zur Sitzung des Ausschusses für Soziales, Generationen und Integration am 17. Mai 2022
Sehr geehrter Herr Rekewitz, sehr geehrter Herr Bürgermeister,
das erste Mal tritt sie durchschnittlich zwischen dem elften und vierzehnten Lebensjahr auf und beeinflusst das Leben von Mädchen und Frauen von diesem Zeitpunkt an monatlich bis zum Beginn der Wechseljahre. Rund 500-mal in ihrem Leben stellt sie Mädchen und Frauen vor Herausforderungen. Wir sprechen von der monatlichen Regelblutung, der Menstruation – oder auch Periode genannt.
Die Periode nimmt keine Rücksicht auf den jeweiligen Zeitpunkt oder die individuelle Lebenssituation, lässt sich kaum beeinflussen oder regulieren; jedenfalls nicht, sofern man auf die Einnahme der Pille verzichtet – wofür es ja durchaus gute Gründe gibt – und gerade in der Pubertät noch keinen regelmäßigen Zyklus hat. Daher passiert es nicht selten, dass Mädchen und Frauen plötzlich und unerwartet in die Situation kommen, dass sie akut entsprechende Hygieneartikel benötigen. Diese Situationen ereignen sich auf der Schultoilette vor einem wichtigen Referat, auf der Toilette der Arbeitsstelle, während eines langen Tages oder auf einer öffentlichen Toilette, vor einem wichtigen Gespräch. Situationen in denen Mädchen und Frauen massiv eingeschränkt werden und allzu oft mit Scham reagieren. Scham und Einschränkungen für einen natürlichen biologischen Prozess des weiblichen Körpers.
Zu dieser Problematik kommt die Tatsache, dass laut des ALG-II-Regelsatzes (ab Januar 2021) einer alleinstehenden oder alleinerziehenden Person lediglich 17,02 Euro des Gesamtsatzes von monatlich 446 Euro für den Einkauf von Gesundheits- und Pflegeartikeln zur Verfügung stehen. Mädchen und Frauen werden hier zusätzlich vor besondere Herausforderungen gestellt, denn sie müssen neben Hygieneprodukten des täglichen Bedarfs, auch Menstruationsartikel wie Binden und Tampons erwerben. Die Kosten für diese Produkte werden auf bis zu 15 Euro pro Monat geschätzt; Schmerzmittel oder ähnliche mit der Menstruation verbundene Kosten sind dabei noch nicht mal mit eingerechnet.
Das Problem, das hier deutlich wird, hat seit einiger Zeit einen Namen: Man spricht von „Periodenarmut“. Armut, die auftritt, wenn sich Mädchen und Frauen diese Produkte nicht mehr leisten können. Sie beginnen Stoffreste zu benutzen, die eine hohe gesundheitliche Gefahr darstellen, nehmen weniger bis gar nicht am gesellschaftlichen Leben teil, so dass man auch von sozialen und psychischen Problemen in Folge der Periodenarmut spricht. Auch an Pulheimer Schulen berichten Lehrer:innen und Sozialarbeiter:innen über Scham bei Schülerinnen – und über die Nutzung von Stoffresten und Klopapier statt hygienischer Artikel.
Obwohl die genauen Zahlen und Untersuchungen zu dem Thema in Deutschland gänzlich fehlen, zeigt ein Blick in unser Nachbarland Großbritannien, wie akut dieses Problem die Lebensrealität von Mädchen und Frauen bedroht. Dort kann sich eines von zehn Mädchen im Schulalter keine Binden und Tampons leisten. In Schottland ist seit Ende 2020 gesetzlich geregelt, dass in öffentlichen Einrichtungen (insbesondere Schulen und Universitäten) Menstruationsartikel kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Neuseeland und zuletzt Frankreich stellen inzwischen auch an öffentlichen Orten Damenhygieneartikel zur Verfügung.
Diesen Beispielen wollen wir als Stadt Pulheim folgen und einen Beitrag zur Enttabuisierung des Themas Menstruation leisten und mit konkreter Unterstützung Frauen und Mädchen im Alltag stärken. Daher beantragt die SPD-Fraktion:
Die Verwaltung wird beauftragt, in einem Pilotprojekt an weiterführenden Schulen unterschiedlicher Schulform sowie im Rathaus und weiteren öffentlichen Gebäuden die kostenlose Ausgabe von Menstruationsartikel einzurichten. Dafür werden hygienische und Vandalismus sichere Spender für Damenbinden und Tampons, die eine kontrollierte Ausgabe ermöglichen, angeschafft und installiert. In einer zweijährigen Pilotphase sollen Erfahrungen, Reaktionen und Kosten des Angebots mit einer wissenschaftlichen Evaluation ermittelt werden. Die Finanzierung erfolgt über einen geeigneten bestehenden Haushaltstitel. Falls dies nicht möglich ist, sind für das Pilotprojekt mindestens 10.000 Euro im nächsten (Nachtrags-)Haushalt der Stadt Pulheim einzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Fröhling, Fraktionsvorsitzende
Verena Szebel, Fraktionsmitglied