Irritationen und wichtige offene Fragen im Jugendhilfe-Bereich

Schreiben an den Bürgermeister und den Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses vom 13. Januar 2022.

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Keppeler,
sehr geehrter Herr Kahsnitz!

 

Seit dem vergangenen Sommer wird in Pulheim über die Möglichkeit sogenannter „Pooltestungen“ in den städtischen Kitas diskutiert. In der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 25. November 2021 gab die Leiterin des Jugendamtes in Folge einer schriftlichen Anfrage meiner SPD-Fraktion (Top 14.3: Aktuelles Corona-Testverfahren in Pulheimer Kitas) über die Sichtweise der Verwaltung zu diesem Thema einen guten mündlichen Überblick; und begründete, warum zum damaligen Zeitpunkt von diesem Verfahren Abstand genommen wurde. Gleichzeitig betonte sie, dass die Diskussion dazu aber ein beständiger Prozess sei und die weitere Entwicklung – insbesondere bezüglich der entstehenden Kosten – intensiv beobachtet werde. Sie sagte mir und den übrigen Ausschussmitgliedern zu, uns zu informieren, sobald es dazu etwas Neues gibt. Seither hörten wir dazu nichts mehr, obgleich bereits Anfang Dezember der NRW-Familienminister Joachim Stamp in einem „Westpol“-Interview im WDR erklärte, das Land würde nun doch die Kosten für Pooltestungen in vollem Umfang erstatten. Dies stellt eine signifikante Änderung zur noch in der JHA-Sitzung herrschenden Ausgangslage dar. Außerdem stellte in der vergangenen Woche die Fraktion des Bürgervereins einen konkreten Antrag, Pooltestungen in den städtischen Kitas durchzuführen, was ich der Vollständigkeit halber an dieser Stelle gerne erwähnen möchte.

Nun erfuhr ich gestern von einer Mutter, die sich seit längerem für die Einführung solcher Pooltestungen in unseren städtischen Kitas einsetzt, dass der Kollege CDU-Fraktionsvorsitzende Werner Theisen ihr versicherte, die Stadt sei in guten Gesprächen mit einem Testlabor, das solche Tests anbietet. Dazu hätte es gestern „eine kleine Gesprächsrunde“ in der Verwaltung gegeben, eine Entscheidung würde heute oder morgen fallen. Er würde die Mutter dann entsprechend informieren.

Lieber Herr Keppeler, sie werden sicherlich nachvollziehen können, dass mich dies massiv irritiert. Zur Annahme, dass der Kollege Theisen die Bürgerin anlügt, habe ich keinerlei Veranlassung. Wie kann es also sein, dass er über dieses Wissen verfügt, ich jedoch nicht? Verfügen andere Fraktionen oder Mitglieder des Jugendhilfeausschusses denn darüber, oder nur der Vorsitzende der CDU-Fraktion? Habe ich vielleicht ein entsprechendes Schreiben der Verwaltung übersehen, was ja durchaus möglich wäre? Bitte setzen Sie mich und alle anderen Beteiligten sehr kurzfristig, spätestens bis morgen auf den gleichen aktuellen Wissensstand.

Neben der Frage der Pooltestungen stehen aber auch andere wichtige Fragen aus dem Bereich der Jugendhilfe offen im Raum:

In besagter letzter JHA-Sitzung brachten wir einstimmig ein sogenanntes „Interessenbekundungsverfahren“ für die erforderliche Neuvergabe der Trägerschaft der Kita „Waldwichtel“ auf den Weg. Die Leiterin des Jugendamtes sagte zu, die Fraktionen in der ersten Januarwoche zu informieren, ob es hierfür Bewerbungen gibt und falls ja, einen kurzen Überblick darüber zu verschaffen. Morgen endet die zweite Januarwoche, ich hörte bisher leider nichts mehr dazu.

Eltern, deren Kinder in dieser Kita mehr schlecht als recht betreut werden, setzten mich unmittelbar vor Weihnachten darüber in Kenntnis, dass der Landschaftsverband Rheinland – und dort das Landesjugendamt als zuständige Aufsichtsbehörde – ein Verfahren zum Entzug der Betriebserlaubnis mit Wirksamkeit zum Ende dieses Januars eingeleitet hätte. Endete dieses Verfahren erfolgreich, käme dies einer Katastrophe gleich. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass die Verwaltung hierüber zumindest eine kurze Information an die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses gegeben hätte. In Zeiten digitaler Kommunikation wäre dies sicherlich ohne unzumutbaren Aufwand möglich gewesen; und aufgrund der rechtlichen Sonderstellung des JHA meines Erachtens auch angemessen.

Sehr geehrter Herr Keppeler, in Anbetracht der zahlreichen offenen Fragen und kritischen Probleme bitte ich Sie, seitens der Verwaltung möglichst schon in der kommenden Woche zu einem interfraktionellen Gespräch der jugendpolitischen Sprecher*innen, das eine gute, jahrelang geübte Praxis in Pulheim ist, einzuladen. Gerade die sich offenbar noch stärker zuspitzende Situation in der Kita Waldwichtel treibt sicherlich nicht nur mich, sondern gleichermaßen die Kolleg*innen in allen demokratischen Fraktionen um.

 

Mit besten Grüßen

 

Torsten Rekewitz
Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Pulheim

 

PS: Bitte fügen Sie dieses Schreiben den Unterlagen zur nächsten Jugendhilfeausschuss-Sitzung am 17.02.2022 bei.