Aufgrund der Corona-Pandemie zu Protokoll der Sitzung des Stadtrates am 7. Dezember 2021 gegeben.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Keppeler,
liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen dieses Stadtrates,
geschätzte Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung,
vor allem aber: Liebe Pulheimer*innen!
Wie gerne würden ich und meine Mitstreiter*innen der SPD-Fraktion heute mit Ihnen gemeinsam zuversichtlich in eine Zeit blicken, in der wir sagen können „Wir haben das Corona-Virus besiegt!“ Daraus wird leider auf absehbare Zeit nichts, auch wenn wir das vor einigen Monaten vielleicht noch geglaubt haben. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, bleiben riesig. Und – das ist die allergrößte Hoffnung, die wir haben – wir wünschen uns sehr, dass wir alle weiterhin gut und so gesund wie irgendwie möglich durch diesen Winter und in das neue Jahr kommen. Ich bin mir sicher, dass uns dieser Wunsch genauso eint wie unser gemeinsames Bemühen, als gewählte Ratsmitglieder die bestmöglichen Entscheidungen für die Menschen in Pulheim zu treffen.
Bei allen politischen Streitigkeiten, bei allen Auseinandersetzungen um den richtigen Weg, etwa zur Anschaffung mobiler Luftfiltergeräte für Kitas, Schulen und Sporthallen, fanden wir die Ernsthaftigkeit, in der wir alle miteinander gerungen haben, sehr angemessen. Hierfür danke ich Ihnen allen stellvertretend für meine Fraktion! Vor allem aber danke ich den Mitarbeiter*innen in der Verwaltung, den Lehrer*innen an den Schulen, den Erzieher*innen in den Kitas und allen anderen, die dafür sorgen, dass das, was wir hier im Rat beschließen, am Ende auch umgesetzt wird. Dazu gehört viel Zusammenhalt, der in diesen schwierigen Zeiten noch mal wertvoller ist als „in ganz normalen Zeiten“.
Trotz aller Gemeinsamkeiten, die sich bei der Bekämpfung des Virus zeigten, bleibt viel Trennendes zwischen uns als Sozialdemokrat*innen und Ihnen in den anderen Fraktionen – und natürlich auch zu Ihnen, Herr Bürgermeister. Aber das ist ja nun nichts Schlechtes, ganz im Gegenteil! Was wäre eine Demokratie ohne den Wettstreit um die besten Ideen? Eben, keine richtige Demokratie! Lassen Sie uns also in den nächsten Minuten Blicke auf ein paar Dinge werfen, die wir von der SPD anders machen würden, wenn wir statt der Koalition aus CDU, WfP und FDP eine Mehrheit in dieser Stadt hätten.
Der allerwichtigste Unterschied wäre wohl, dass wir mehr Tempo machen würden. Wie kann es sein, dass wir seit inzwischen über einem Jahrzehnt von der „Bildungslandschaft Pulheim“ reden, aber bis heute keine einzige Schule einen Glasfaseranschluss besitzt? Wie soll man jemandem erklären, dass wir über Jahre einen Medienentwicklungsplan erarbeiten lassen, aber klassensatzweise iPads, die mit Fördermitteln des Bundes und des Landes gekauft wurden, in Schulkellern herumliegen, weil sie nicht ordentlich konfiguriert wurden? Wie sollen die Menschen verstehen, dass wir seit zehn Jahren über die Sanierung des Pulheimer Schulzentrums reden, aber immer noch keine einzige konkrete Maßnahme dazu auf den Weg gebracht wurde? Wie könnte man ignorieren, dass in den vergangenen zwölf Monaten nichts, aber auch gar nichts von der gemeinsam vereinbarten „Generalplanung“ im Schulbereich zu sehen ist? Und wie können Sie, Herr Keppeler gemeinsam mit der Sie stützenden Koalition guten Gewissens erwarten, dass die Schüler*innen, ihre Eltern und die Lehrer*innen uns allen weiter vertrauen, dass wir es mit der „Bildungslandschaft“ ernst meinen?
Wir Sozialdemokrat*innen stehen jedenfalls zu unseren Versprechen, wir wollen endlich Bagger anrollen lassen und umsetzen, worüber seit einer Dekade so viel gesprochen und noch viel mehr zugesagt wurde. Dazu stehen auch im vorliegenden Doppelhaushalt wieder Millionenbeträge drin – wie schon seit Jahren. Ausgegeben wurde davon nahezu nichts. Uns fehlt das Zutrauen, dass sich dies 2022 und 2023 ändert, wenn es in der Verwaltungsspitze weiterhin so zugeht, wie wir es in den letzten Jahren erlebten.
Warum geht es an den Schulen eigentlich nicht voran? Sehr wahrscheinlich gibt es dafür nicht nur eine Antwort. Aber es ist doch ziemlich offenkundig, woran das zu einem guten Teil liegt: An der desolaten Personalsituation innerhalb der Stadtverwaltung. Viele Stellen sind unbesetzt, es finden sich oft kaum noch qualifizierte Bewerber*innen. Setzt sich in den Besetzungsverfahren dann doch jemand durch, erlebten wir es in den letzten Jahren immer wieder, dass diese Menschen kurz vor Dienstantritt doch noch absagten oder kurz nach Beginn ihrer Tätigkeit wieder die Segel strichen. Es ist schade, dass Kritik daran immer wieder abgetan wird. So werden wir nicht weiterkommen.
Es bleibt die Hoffnung, dass sich dies endlich ändert, hier sind vor allem Sie gefordert, Herr Bürgermeister! Seien Sie bitte wirklich offen für kreative Ideen, um neue Mitarbeiter*innen zu finden. Und erleichtern Sie denjenigen die bereits da sind und hervorragende Arbeit leisten, ihren Alltag – beispielsweise, indem endlich Digitalisierung breiten Einzug in der Verwaltung hält. Kürzlich kritisierten Sie mich ja für meine Formulierung, im Pulheimer Rathaus käme man sich diesbezüglich wie im Mittelalter vor. Zeigen Sie durch Handeln, dass dies nicht so ist! Nach über einem Jahr ist bald hoffentlich die neue Stelle der oder des „Digitalisierungsbeauftragten“ dann doch mal besetzt. Wir von der SPD sind gespannt, wie sich das auf die Verwaltung auswirken wird. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass es in diesem Bereich vorangeht. Pulheim hinkt da in zig Punkten hinterher, egal wie oft sie das in Abrede stellen.
Wie viele Bereiche könnte ich jetzt noch aufzählen, auf die das zutrifft! Über den Klimaschutz hat die Kollegin der Grünen ja bereits einige Worte verloren. Wir Sozialdemokrat*innen haben weiterhin das Gefühl, dass den Sonntagsreden keine echten Taten folgen. Ambitionierte Projekte sehen wir im vorgelegten Haushalt nicht, es wird nur ein bisschen in Blumenwiesen investiert und ein, zwei Elektroautos angeschafft. Reichen wird das nicht! Um das Klimaschutzkonzept, das wir vor einigen Jahren nahezu einstimmig beschlossen haben, umzusetzen, braucht es zusätzliche Investitionen; vom Personal, das diesen Prozess begleitet bis hin zu umfassenden Sanierungen. Klar, auch hierfür steht einiges an Geld im Doppelhaushalt. Was fehlt ist die Entschlossenheit, dieses Thema auch wirklich ernst zu nehmen! Dass Sie, Herr Bürgermeister, das tun – daran zweifeln wir weiterhin. Immerhin, diesmal erwähnten Sie den Klimaschutz wenigstens kurz in Ihrer Haushaltsrede. Ein kleiner Anfang. Aber wenn ich so den Worten meines CDU-Kollegen heute und bei anderer Gelegenheit lausche, habe ich nicht das Gefühl, dass sich in der altbekannten Einstellung der Koalition aus CDU, FDP und WfP wirklich etwas geändert hat. „Wir in Pulheim werden das Klima nicht retten, solange in China Kohlekraftwerke gebaut werden.“ Wie falsch das ist, dass man sehr wohl auch hier bei uns vor Ort jede Menge tun kann, ja tun muss, um dem Klimawandel zu begegnen – das sollten eigentlich inzwischen wirklich alle verstanden haben. Eigentlich…
Damit einher geht auch die Frage, wie wir die Mobilitätswende vor unseren eigenen Haustüren schaffen. Halleluja, das so lange versprochene, immer wieder angekündigte, ständig verschobene „Mobilitätskonzept“ liegt seit der vergangenen Woche endlich vor! Wie viele andere Konzepte, auf die wir teilweise sechs, sieben Jahre warten mussten oder immer noch warten, werden wir darüber mit Ihnen allen gemeinsam in der nächsten Zeit ernsthaft diskutieren. Wir Sozialdemokrat*innen hoffen, dass es dann endlich mit aus unserer Sicht wichtigen Projekten wie etwa dem Stadtbus oder einem umfassenden Ausbau echter Radwege – nicht nur halbherziger Schutzstreifen – vorangeht. Auch in diesem Bereich ist so viel liegengeblieben, dass es verdammt schwierig wird, das aufzuholen.
Leider ist genau dies das Kennzeichen der Kommunalpolitik in unserer Stadt: Es kommt nichts richtig voran. Aus Überzeugung werden wir dem von Ihnen, Herr Keppeler, vorgelegten Stellenplan zustimmen. Wir wünschen uns sehr, dass es gelingt, neue Mitarbeiter*innen fürs Rathaus zu finden und diejenigen, die bereits hier sind, zu halten und zu motivieren. Geld ist doch nun wahrlich genug da, das betonen wir alle immer wieder gebetsmühlenartig. Aber es konnte in den vergangenen Jahren schlicht und ergreifend nicht ausgegeben werden. Wir bauen nicht, was dringend gebaut werden muss. Wir sanieren nicht, was dringend saniert werden muss. Wir modernisieren nicht, was schon lange einer Modernisierung bedarf. Wir machen den Menschen etwas vor, wenn wir immer wieder Maßnahmen beschließen und Unsummen in Haushalte schreiben, von denen wir realistisch betrachtet wissen, dass sie nicht realisiert werden können.
Die SPD unterstützt das nicht. Wir wollen eine ehrliche Politik, die Versprechen hält. Deshalb werden wir diesem Haushalt nicht zustimmen. Wir wollen gemeinsam diskutieren, wie wir all das, was seit Langem geplant ist, endlich wirklich umsetzen! Wir weigern uns, weiterhin Millionensummen aufzuschreiben und damit Hoffnungen zu wecken, statt auch wirklich die Entscheidungen zu treffen, die nötig sind, um die dahinterstehenden Maßnahmen dann auch zu realisieren; und zwar nicht irgendwann zu realisieren, sondern rasch. Die Kinder sind doch bereits da – jetzt müssen wir auch Klassenräume für sie schaffen, um noch mal exemplarisch das Schulbeispiel herauszugreifen. Hier sind wir zwar in der letzten Zeit ein bisschen vorangekommen, aber eben auch nur auf dem Papier. Wir Sozialdemokrat*innen wollen, dass aus diesem bedruckten Papier Steine und Zement werden. Wir streiten dafür, dass aus all den Versprechen in nahezu sämtlichen Bereichen der Kommunalpolitik Taten werden. Damit so viele Menschen wie möglich in Pulheim die besten Chancen bekommen. Damit unsere Stadt endlich vorankommt und der Rückstand in viel zu vielen Bereichen aufgeholt wird. Es reicht eben nicht, wie mein CDU-Kollege Werner Theisen bloß zu sagen, dass seine Fraktion gemeinsam mit der FDP und der WfP „Neues wagt und Bewährtes stärkt“; man muss es auch wirklich tun. Das sehen wir Sozialdemokrat*innen nicht. In der Politik der Koalition nicht und im konkreten Handeln der Verwaltungsspitze genauso wenig. Es ginge so viel besser. Dafür kämpfen wir von der SPD weiter – aber nicht auf der Grundlage dieses Haushaltes.
Trotzdem: Gemeinsam werden wir weiterhin mit Ihnen allen in den anderen Fraktionen und gemeinsam mit der Verwaltung um den richtigen Weg ringen, Pulheim voranzubringen. Darauf freuen meine Fraktion und ich mich, weil wir uns genau dafür haben wählen lassen. Wir freuen uns auf spannende Diskussionen in den Fachausschüssen, die im politischen Alltag leider mitunter etwas zu kurz kommen. Wir freuen uns auf viele anregende Gespräche und hitzige Debatten. Wir freuen uns, andere Ideen kennenzulernen und das ein oder andere Erfolgserlebnis, wenn wir einige von Ihnen an der ein oder anderen Stelle auch mal von unseren Ideen überzeugen können.
Zunächst einmal wünschen die SPD-Fraktion und auch ich persönlich Ihnen aber alles Gute für den Ausklang eines weiteren Jahres, das für uns alle wohl nicht so leicht war, wie wir uns das gewünscht hätten. Bitte achten Sie auf sich und aufeinander! Damit wir alle gut ins neue Jahr gelangen.