Zur Aufkündigung der projektbezogenen Zusammenarbeit im Stadtrat durch den Bürgerverein Pulheim.

Am 30. Juni 2021 hat Birgit Liste-Partsch im Namen des Bürgervereins Pulheim (BVP) das „Kooperationsbündnis“, das wir gemeinsam mit Bündnis ’90 / Die Grünen nach der Kommunalwahl im vergangenen Herbst eingegangen sind, aufgekündigt. Mit diesem Zusammenschluss wollten wir trotz der fehlenden eigenen Mehrheit im Stadtrat eine progressive Politik für die Menschen in unserer Stadt gestalten und wichtige Impulse setzen. Dieses Ziel bleibt für uns Sozialdemokrat*innen selbstverständlich ohne Wenn und Aber bestehen. Als Reaktion auf die Beendigung der Zusammenarbeit haben unsere beiden Fraktionsvorsitzenden Torsten Rekewitz und Sylvia Fröhling folgenden Brief geschrieben, in dem wir unsere Sicht auf die Dinge darlegen. Das ursprüngliche Schreiben des Bürgervereins findet ihr hier.

 

Liebe Birgit,
liebe Kolleg*innen des Bürgervereins,
liebe Freund*innen von Bündnis ’90 / Die Grünen!

 

Mit Bedauern haben wir gestern Abend die Aufkündigung unserer projektbezogenen Zusammenarbeit durch den Bürgerverein zur Kenntnis genommen. Selbstverständlich akzeptieren wir diesen Schritt, wollen aber durchaus die ein oder andere Behauptung und Anschuldigung in Richtung von uns beiden und unserer Fraktion richtigstellen und zurückweisen; zumal du, liebe Birgit, sie heute öffentlich wiederholt hast, ohne dass wir zuvor angemessen Gelegenheit hatten, zu reagieren. Dies befremdet uns sehr.

Noch mehr allerdings stört uns, dass du in deinem gestrigen Schreiben und der öffentlichen Stellungnahme von heute Vormittag wiederholt behauptest, wir beide hätten dir und dem Bürgerverein versprochen, Rolf Dohmen nur im Einverständnis mit eurer Fraktion und nach vorherigem Verzicht auf sein Stadtratsmandat in unseren Reihen aufzunehmen. Dass das nicht so ist, haben wir ja erst am vergangenen Wochenende nochmals deutlich hervorgehoben – dir gegenüber genauso wie Dritten. Um den zeitlichen Ablauf noch einmal zu verdeutlichen: Im Februar ist Rolf Dohmen aus eurer Fraktion und aus eurem Verein ausgetreten. Hierfür wird er seine Gründe gehabt haben, die mit der SPD nichts zu tun haben, sondern eure interne Angelegenheit sind. Seinerzeit haben wir im Kooperationsbündnis mit euch und den Grünen vereinbart, Rolf zu bitten, vorerst nicht der SPD beizutreten. Dieser Vorschlag kam damals von uns beiden – und zwar aus freien Stücken. Damit wollten wir allen Beteiligten bei euch und Rolf selbst ermöglichen, miteinander ins Gespräch zu kommen und im Idealfall eine gütliche Lösung zu finden, mit der möglichst alle leben können. Wir vereinbarten weiterhin, dass wir vor der Sommerpause die Lage erneut bewerten wollten. An diese Vereinbarung haben wir uns zu jedem Zeitpunkt gehalten.

Vor wenigen Wochen suchte Rolf erneut das Gespräch mit uns. Mit Hinweis auf das im Februar besprochene Vorgehen und in Anbetracht der nahenden Sommerpause baten wir ihn und euch darum, dass nochmals aktiv versucht wird, eine Lösung zu finden. Auch Wolf Kessler bemühte sich auf unseren Wunsch hin um eine neutrale Vermittlung. Rolf Dohmen bat euch daraufhin erneut an, seine Ausschuss-Mitgliedschaften niederzulegen, verkündete aber zugleich, sein Ratsmandat zu behalten. Dies ist seine freie Entscheidung, die wir alle akzeptieren müssen. Die übrigens die FDP auch akzeptiert hat, als du selbst, liebe Birgit, 2012 aus deinem Amt als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP zunächst in die Fraktionslosigkeit und später in den Bürgerverein gewechselt bist – unter Mitnahme deines Ratsmandates, das du über die Reserveliste der FDP errungen hast. Damals erklärtest du gegenüber der Kölnischen Rundschau (Ausgabe vom 15.02.2012) Folgendes:

„Mein Ratsmandat werde ich behalten, da ich mich den Menschen in Pulheim verpflichtet fühle, die sich eine ehrliche und bürgernahe Politik wünschen.“

Vor diesem Hintergrund muten deine empörten Ausführungen des gestrigen und des heutigen Tages seltsam an. Rolf Dohmen beschreibt für sich dasselbe, was du seinerzeit für dich reklamiert hast, als du dein Ratsmandat bewusst nicht niedergelegt hast. Du wirst sicherlich nachvollziehen können, dass uns dies nicht nur irritiert, sondern in Anbetracht deiner Vorwürfe gegen die SPD, vor allem aber auch gegen uns beide persönlich, stört. Wir weisen deine Behauptung, uns nicht an Absprachen gehalten zu haben und Versprechungen gegeben zu haben, die wir nun nicht einlösten, entschieden zurück.

Als wir zu viert – Grüne, BVP, WfP und SPD – im vergangenen Herbst das Experiment unserer projektbezogenen Zusammenarbeit angingen, war uns klar, wie ambitioniert dies ist; welche Hürden es geben wird, wie anstrengend es sein würde, wie viele Nerven es kosten kann. Gerade für uns Sozialdemokrat*innen war es schier unerträglich, gemeinsam mit fünf ehemaligen Mitgliedern unserer Partei, die zuvor – anders als Rolf Dohmen im Bürgerverein – Ämter innehatten, zu diskutieren, zu verhandeln, Kompromisse zu schließen. Wir machten es dennoch, teils gegen erbitterten Widerstand aus unseren eigenen Reihen. Und wir machten dies, weil wir fanden, dass es sich für unsere Stadt lohnt; für die Menschen in Pulheim, die auf eine progressive Politik für mehr Kita-Plätze, wirklichen Klimaschutz, für bezahlbare Wohnungen und moderne Schulen und für eine Stadtverwaltung, die endlich im 21. Jahrhundert ankommen muss, hoffen. Dieses inhaltliche Fundament war für uns die Basis unserer Zusammenarbeit; daran hat sich nichts geändert, dazu sind wir weiterhin bereit. Fernab aller persönlichen Befindlichkeiten, die wir und unsere Fraktion selbstverständlich haben, aber eben zurückstellen – um der Sache willen.

Wir Sozialdemokrat*innen vertreten unsere Inhalte weiter, offen für alle anderen, die diese Positionen teilen; bemüht darum, Kompromisse zu suchen und zu finden. Und nur darum sollte es gehen – allen Beteiligten. Für uns gilt es, entgegen der Behauptungen aus der heutigen Veröffentlichung des Bürgervereins.

 

Mit Grüßen

Torsten Rekewitz und Sylvia Fröhling
Vorsitzende der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Pulheim