Über 40 Teilnehmer fanden sich am Montagabend zum ersten Runden Tisch zur „Flüchtlingsbetreuung“ im Bergheimer Kreishaus ein, zu dem die SPD-Kreistagsfraktion eingeladen hatte. Aus dem ganzen Kreisgebiet waren Aktive aus der größtenteils ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung gekommen. Auch Vertreter des Kölner Flüchtlingsrats, der AWO Rhein-Erft, Vertreter diverser Städte und der Diakonie, die die freiwillige Rückkehrberatung durchführt, waren dabei. Ebenfalls nahm die Erftstädterin Frau Berbuir teil, die mit ihrem offenen Brief über, aus ihrer Sicht höchstproblematischen, Abschiebungen an die Kreisverwaltung für großes Aufsehen gesorgt hatte. Als Reaktion erstattete der Landrat Anzeige gegen sie. Daraufhin hatte die SPD-Fraktion zunächst im Kreistag versucht, die Wogen zu glätten und ein Gespräch zwischen Landrat und den ehrenamtlich Engagierten zu erreichen. Dies war aber an einer unangebracht harschen Reaktion von Landrat Kreuzberg im Kreistag gescheitert. Auch der Versuch der SPD im Fachausschuss einen Runden Tisch zu etablieren, war von CDU, Grünen und FDP abgeblockt worden.
Der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Dierk Timm:
„Die große Teilnahme auf unsere Einladung bestätigt, dass der Umgang des Landrates und seiner Ausländerbehörde beim Thema Abschiebungen und freiwillige Rückkehr ebenso wie der Umgang mit den vielen ehrenamtlich engagierten Betreuern dringend verbessert werden muss. Statt wie der Landrat mit Anzeigen gegen die engagierten Mitbürger vorzugehen, haben wir intensiv dafür geworben, offen über mögliche Probleme zu diskutieren. Die ausführlichen Schilderungen und Vorschläge zeigen, wie wertvoll dieser Austausch ist. Ich hoffe sehr, dass dies der Einstieg in einen kontinuierlichen Prozess ist, der die Zusammenarbeit von Behörde und Betreuern deutlich verbessert. Dabei danke ich nicht nur den vielen Ehrenamtlern, sondern auch ausdrücklich dem zuständigen Ordnungsdezernenten des Kreises und seinen Mitarbeitern für die Teilnahme am Runden Tisch.“
Kritik und zahlreiche konstruktive Vorschläge
Wiederholt geäußerte Kritikpunkte waren der oftmals unkooperative Umgang der Behörde, die einseitige Anwendung von Ermessensspielräumen nicht im Sinne der betroffenen Menschen und fehlende oder gar fehlerhafte Informationen seitens der Verwaltung für die freiwillige Ausreise. Auch die Praxis der Nachtabschiebungen wurde kritisiert.
Für die Verwaltung nahmen Dezernent Martin Gawrisch und führende Mitarbeiter der Bergheimer Ausländerbehörde an dem Termin teil. Dieser hatte während seiner Tätigkeit bei der Ausländerbehörde der Stadt Köln neben dem offenen runden Tisch die ausländerrechtliche Beratungskommission kennengelernt, in welcher Einzelfälle und Probleme gezielt besprochen werden. Dies hat in Köln zu einer deutlichen Verringerung der Petitionen an den Landtag und Anrufungen der Härtefallkommission durch von Abschiebung bedrohten Ausländern geführt. Ein solches Instrument solle auch für den Rhein-Erft-Kreis etabliert werden, war dementsprechend eine breit geteilte Forderung der Teilnehmer. Ebenso sollte, so die Meinung der vielen Teilnehmer am Runden Tisch der SPD, auch ein ähnliches Gremium auf Kreisebene eingeführt werden, um allgemeine Fragen rund um die Betreuung von Geflüchteten zu beraten.
Beratung zur freiwilligen Rückkehr wird vernachlässigt
Kritisch hinterfragt wurde auch der völlige Einbruch der Teilnehmer aus dem Rhein-Erft-Kreis an der freiwilligen Rückkehrberatung der Diakonie Köln. Diese wendet sich beratend und unterstützend an Ausländer mit gefährdetem Aufenthaltsstatus und führt im Ergebnis zu einer deutlichen Steigerung freiwilliger Ausreisen. Die Diakonie ist die einzige Institution, die für den Rhein-Erft-Kreis diese wichtige Arbeit – unterstützt und finanziert vom Land NRW – durchführt. Die Sprecherin der SPD im thematisch zuständigen Gesundheitsausschuss, Fadia Faßbender, betont:
„Abschiebungen, gerade von Familien mit Kindern, sind für alle Beteiligten, auch Polizei und Behördenmitarbeiter sehr belastend – für die Kinder oftmals traumatisierend. Es ist deshalb völlig inakzeptabel, dass die Möglichkeit der freiwilligen, unterstützten Rückkehr so vernachlässigt wird. Freiwillige Ausreisen von Personen ohne Aufenthaltstitel sind nicht nur besser für Mitarbeiter und Ausreisende, sie sind auch bedeutend günstiger als mit Polizeibegleitung durchgeführte Zwangsabschiebungen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum bisher konsequent der ressourcenintensivste und maximal die Menschen belastende Weg gewählt wird.“
Dierk Timm fasst den Abend so zusammen:
„Es ist gut, dass heute vieles gesammelt auf den Tisch gekommen ist, was als Defizite bei der Arbeit der Ausländerbehörde wahrgenommen wird. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam Verbesserungen erreichen können, von denen am Ende sowohl die Mitarbeiter der Behörde, als auch die in der Betreuung aktiven Ehrenamtler und die betroffenen Ausländer profitieren. Wir Sozialdemokraten werden den Prozess weiter konstruktiv unterstützen und ggf. den Runden Tisch in der Zukunft erneut einladen.“