Haushaltsrede des Vorsitzenden der SPD Fraktion Pulheim

Heute kommen wir der Aufgabe nach, mit der Verabschiedung des Haushaltsplans 2019/2020 für die kommenden 2 Jahre die zentralen Entscheidungen für die Weiterentwicklung unserer Stadt zu treffen. Zur Bewertung des Haushaltsplans gehören notwendigerweise die Bewertungen der Inhalte und Ergebnisse der Haushaltsplanberatungen aber auch die zentralen Entwicklungen der letzten beiden Jahre.

Gehalten in der Ratssitzung am Dienstag, den 18.12.2018

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus Rat und Verwaltung, sehr geehrte Damen und Herren,

 

Heute kommen wir der Aufgabe nach, mit der Verabschiedung des Haushaltsplans 2019/2020 für die kommenden 2 Jahre die zentralen Entscheidungen für die Weiterentwicklung unserer Stadt zu treffen. Zur Bewertung des Haushaltsplans gehören notwendigerweise die Bewertungen der Inhalte und Ergebnisse der Haushaltsplanberatungen aber auch die zentralen Entwicklungen der letzten beiden Jahre.

Zunächst einmal möchte ich mich im Namen der SPD Fraktion bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die in den Jahren 2017 und 2018 geleistete Arbeit bedanken.

Denn: Das Herzstück einer Verwaltung sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ohne gut ausgebildete, bedarfsgerecht fortgebildete und motivierte Bedienstete kann eine Verwaltung nicht funktionieren. Die Stadt muss dringend Geld investieren, um notwendige neue Stellen zu schaffen, Gehaltsstrukturen flexibel anpassen, Digitalisierungsprojekte voranzutreiben und aktiv für die vakanten Arbeitsplätze zu werben. Die Stadtverwaltung muss endlich ein attraktiver Arbeitgeber werden, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an sich bindet und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnt. Nur so können die Missstände der Vergangenheit aufgearbeitet und die sich aus dem Doppelhaushalt ergebenen Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden.

Schon in seiner Haushaltsrede für den Haushalt 2013 stellte der Fraktionssprecher Bündnis 90 die Grüne Thomas Roth fest:  „Viele Schulen wie auch andere städtische Gebäude befinden sich in einem äußerst renovierungsbedürftigen Zustand und müssten auch energetisch saniert werden, um auf Dauer die Kosten zu senken. „ Hier wird kurzsichtig und auf Kosten kommender Generationen an der falschen Stelle gespart“.

Die Situation hat sich leider in den 3 Jahren Schwarz/Grüner Zusammenarbeit weiter verschlechtert. Auch in 2018 befinden sich viele städtische Liegenschaften immer noch in einem sehr schlechten Zustand. Weil das Personal fehlt, werden dringend erforderliche Maßnahmen mittlerweile nur noch umgesetzt, wenn diese bei den Prioritäten mit Stufe 1 plus Sternchen eingestuft werden.

Die positive wirtschaftliche Lage führt dazu, dass wir 2019 und 2020 erfreulicherweise erheblich in unsere Infrastruktur investieren können. Die vom Bürgermeister in seiner Haushaltsrede angekündigten Investitionen sind grundsätzlich notwendig, jedoch nur mit einem ausreichenden Personalbestand zeitnah umsetzbar.

Die SPD Fraktion kann in diesem Doppelhaushalt jedoch nicht erkennen, dass die benötigten personellen Kapazitäten für Konzeption, Planung, Mittelbeantragung, Ausschreibung von Neubau und Sanierungsmaßnahmen sowie eine hinreichende Begleitung in der Realisierungsphase vorhanden sind bzw. sein werden. Es bleibt das Geheimnis des Bürgermeisters, wie die anstehenden Maßnahmen zeitnah durch die Verwaltung umgesetzt werden sollen!

Wir erinnern uns, vor zwei Jahren mussten die Hebesätze -weil die Stadt unter Bürgermeister Keppeler über ihre Verhältnisse gelebt hatte, wie es der Kämmerer damals so treffend formulierte- noch angehoben und der Haushalt aufgrund von erheblichen Eingriffen in die Ausgleichsrücklage noch von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden.

Für den Haushalt 2020 schlägt der Bürgermeister vor, die Realsteuersätze um jeweils 10 Punkte zu senken. Dies würde bei den Bürgerinnen und Bürger bzw. den Gewerbetreibenden lediglich zu sehr geringfügigen Entlastungen führen. Die durchschnittliche Entlastung läge beispielsweise bei der Grundsteuer im Durchschnitt bei noch nicht einmal 2 Euro pro Monat.

Herr Bürgermeister, wenn sie den Menschen zuhören würden wüssten Sie, dass die Pulheimerinnen und Pulheimer sich nicht 2 Euro mehr im Monat wünschen, sondern eine funktionierende kommunale Verwaltung und eine gute Infrastruktur. Eine so marginale Senkung der Realsteuerhebesätze ist wirtschaftlicher Unsinn und allenfalls ein Versuch Wahlkampf zu betreiben.

Kommen wir nun zu den zentralen Entwicklungen Pulheims:

 

Wohnen

Ja, in Pulheim lässt es sich gut leben, wenn man es sich leisten kann.
Ich zitiere: „Mehr und mehr Menschen können sich Wohnen in unserem wohlhabenden Land nicht mehr leisten, weil preiswerter, bezahlbarer Wohnraum fehlt. Das ist zynisch, im Letzten sogar menschenverachtend. Wie soll eine Stadt funktionieren, wenn sich Durchschnittsverdiener wie eine Krankenschwester, wie der Mann von der Müllabfuhr oder der Busfahrer das Wohnen nicht mehr leisten können. Das ist ein ganz dunkles Kapitel der aktuellen gesellschaftlichen Wirklichkeit.“ Ja, wer sagt denn so was? Das stammt nicht vom Abteilungsleiter „Klassenkampf“ aus dem Willy-Brandt-Haus, sondern vom Kölner Kardinal Rainer Woelki. Recht hat er!

Wie sieht die Wohnungspolitik in Pulheim aus? Ca. 85 Prozent der Bebauung bestehen aus Einfamilienhäuser. Auch in den neuen Baugebieten sind/werden -trotz des Widerstandes der SPD Fraktion- auf der Grundlage von Beschlüssen der schwarz/grünen Mehrheit im Stadtrat überwiegend Einfamilienhäuser entstehen. Der zunehmende Bedarf an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern wurde konsequent ignoriert. Ein nachfrageorientierter Geschoßwohnungsbau ist in Pulheim politisch offensichtlich nicht gewollt. Der von den Mehrheitsfraktionen ohne Zahlen-, Daten- und Fakten-Grundlage beschlossene geförderte bzw. bezahlbare Wohnraum ist ein Tropfen auf dem heißen Stein und bei weitem nicht ausreichend.

Alle Ansätze der SPD Fraktion für eine zielgerichtete Wohnungspolitik wie beispielsweise die Einführung eines Handlungskonzeptes Wohnen, die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft oder die Einführung einer Zweckentfremdungssatzung, wurden von den Mehrheitsfraktionen abgelehnt.

In Pulheim fehlt aus unserer Sicht bezahlbarer Wohnraum in einem erheblichen Ausmaß. Insbesondere Geringverdienern, Senioren, Alleinerziehenden und jungen Menschen ist es nahezu unmöglich, in Pulheim angemessenen Wohnraum zu finden. Pulheim benötigt jetzt und in Zukunft mehr bezahlbaren und generationengerechten barrierefreien Wohnraum. Übrigens auch, um neues Personal für die Verwaltung zu gewinnen.

In Sachen eigener städtischer Wohnungspolitik trägt die Stadt Pulheim im Rhein-Erft-Kreis die „rote Laterne“ – allerdings ist diese Laterne hier nicht rot, sondern schwarz-grün. Von einer sozialen Verantwortung gegenüber Durchschnittsverdiener kann in Pulheim keine Rede sein!

 

Verkehrsplanung in Pulheim

Nach Karneval 2019 soll die Rathauskreuzung ertüchtigt werden. Eine Operation am offenen Herzen Pulheims. Hier stellt sich die Frage, warum erst 2019? Warum werden in Pulheim Baugebiete erschlossen und die Infrastruktur erst im Nachhinein angepasst? Die SPD hatte den Ausbau der Rathauskreuzung vor der Ausweisung der derzeitigen in Bau befindlichen Neubaugebiete gefordert. Die schwarz-grüne Mehrheitsfraktion im Stadtrat entschied sich dagegen und stattdessen dafür, zuerst die Grundstücke der Neubaugebiete zu vermarkten. In der Folge fließt der Baustellenverkehr und auch der stetig zunehmende Verkehr nicht über eine sicherere und leistungsfähigere umgebaute Kreuzung sondern bald auch noch monatelang über eine Großbaustelle.

Wir fordern endlich eine vorausschauende Verkehrsplanung!

Die Stadt Pulheim wird weiter wachsen. Die Einwohnerzahl wird steigen. Hier gilt es, die Ortsteile entsprechend zu entwickeln. Der Hauptort Pulheim wird jedoch nur dann weiter wachsen können, wenn es eine zusätzliche Querung der Bahnlinie im Umfeld des Walzwerks gibt. Diese neue noch zu planende Straße könnte die Venloer Straße mit der B 59 verbinden. Diese Maßnahme würde die Rathauskreuzung und den Ortsteil Geyen deutlich vom Verkehr entlasten. Daher muss diese Planung aus Sicht der SPD Fraktion vorangetrieben werden. Aber hier ist sich Schwarz/Grün nicht einig und die Planung wird seitens der Grünen gebremst.

Das Gutachten „Verkehrskonzept Pulheim-West“ von 2015 weist auf eine Entlastung der „Rathauskreuzung“ in der Kombination Westumgehung Sinnersdorf mit einer Ostumgehung Pulheim hin. Eine Ostumgehung würde den Knoten Rathausstraße/Steinstraße um ca. 2.000 Fahrzeuge pro Tag entlasten. Die Ostumgehung spielt zudem für eine zukunftsorientierte Verkehrsplanung in und um Pulheim herum eine entscheidende Rolle. Pulheim benötigt die Ostumgehung, wenn nicht dauerhaft eine Verkehrsüberlastung im Ortskern und Schleichverkehr etwa über die Albrecht-Dürer-Str. in Kauf genommen werden soll. Sogar das Land NRW hat die Ostumgehung in der Priorität hochgestuft. Weil sich Schwarz/Grün nicht einig ist, und die Ostumgehung nicht im Koalitionsvertrag steht, haben CDU und Grüne den entsprechenden Antrag der SPD Fraktion abgelehnt.

Die vorhandene einseitige Anschlussstelle der Autobahn 4 in Frechen wird in den nächsten Jahren ausgebaut, so dass auch eine Ab- und Auffahrt von und nach Köln auf die Bonnstraße möglich wird. Was bedeutet das für die Bonnstraße in Pulheim?

Der Verkehr kann dann ohne Ausbau nicht mehr aufgenommen werden. Hier sieht die SPD Fraktion eine große Chance die Ortsteile Brauweiler, Sinthern und Geyen erheblich vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Wie? Durch eine Teilweise Verlegung der Bonnstraße. In der Folge könnten die Durchgangsstraßen in Brauweiler, Dansweiler, Sinthern und Geyen zu Gemeindestraßen umgewidmet werden und damit die Aufenthaltsqualität in diesen Ortteilen erheblich verbessert werden. Auch hier wurden entsprechende Anträge der SPD Fraktion abgelehnt.

Neben der Verbesserung des Autoverkehrs ist es von besonderer Wichtigkeit, die Bus- und Bahnverbindungen im Stadtgebiet aber auch nach Köln auszubauen. Die S-Bahn muss deshalb schnellstmöglich kommen. Auch der von der SPD Fraktion seit vielen Jahren geforderte Stadtbus muss endlich Realität werden.

In Zeiten des eBikes wird der Radverkehr nicht nur in der Freizeit sondern auch im Alltagsverkehr immer mehr genutzt werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Verkehrswende in Pulheim nur mit einem massiven Ausbau des Radverkehrs hinbekommen werden. Deshalb haben wir vorgeschlagen, einen Schnellradweg von Stommeln über Pulheim nach Köln zu planen und dann auch zu bauen.

Liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen, setzten Sie sich mal auf das Fahrrad und fahren hier im Stadtgebiet oder auch von den Pulheimer Stadtteilen nach Köln. Jeder wird mir danach zustimmen, dass wir die bestehenden Radwege in Schuss bringen und deutlich ausbauen müssen. Es reicht nicht “Fahrradfreundliche Stadt”-Schilder an den Ortseingängen aufzuhängen – wir müssen auch etwas dafür tun.

Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch!

 

Schulen

Der Bereich Schulen nimmt im Doppelhaushalt viel Platz ein. Das klang zunächst einmal positiv.

Die geplanten Investitionen an den Grundschulen decken die vorrangigen Maßnahmen ab. Das ist wohl auch selbstverständlich, da für die neuen Grundschüler ausreichend Platz vorhanden sein muss.

Wir alle wissen, dass die Plätze an den weiterführenden Schulen eng bemessen sind, wenn nicht sogar zu eng bemessen. Ich wage zu behaupten, dass niemand erstaunt sein wird, wenn der Schulentwicklungsplan in einigen Monaten vorhersagen wird, dass der vorhandene Platz nicht ausreicht. Aber erst dann soll eine Schulbaurichtlinie erstellt werden und in 2020 ausschließlich geplant werden.

Allerdings sollen entsprechende Planungen nur im Schulzentrum Pulheim-Mitte erfolgen. In Brauweiler sieht die Verwaltung offensichtlich keine Probleme. Der Haushalt enthält diesbezüglich zu mindestens keine Ansätze.

Die geplante Kooperation mit der Stadt Köln ist geplatzt – sie ist wohl schon im August gescheitert und wir wissen bis heute nicht warum. Wie geht es jetzt weiter? Wird diese Idee nochmals angepackt?

Ach ja, in der mittelfristigen Finanzplanung, von vielen Kämmerern liebevoll „Märchenhaushalt“ genannt, stehen dann auch einige Mittel für einen Umbau in Pulheim-Mitte. Klingt sehr öffentlichkeitswirksam, hat aber leider keine große Bedeutung.

Herr Batist hatte im letzten Haupt- und Finanzausschuss den Hintergrund erklärt: Die geplante neue Pulheimer Schulbaurichtlinie soll erheblich anders aussehen, als die bisher zugrunde gelegte Kölner Schulbaurichtlinie. Wir sind gespannt!

Insgesamt sind viele Investitionen im Schulbereich so notwendig geworden, dass sie jetzt endlich umgesetzt werden müssen.

Bei den Maßnahmen die nicht schnellstmöglich angegangen werden müssen, jedoch pädagogisch wichtig wären, sieht die SPD Fraktion wesentlich mehr Handlungsbedarf als die Verwaltung.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen, sehr geehrte Damen und Herren,  das Zustimmen oder Ablehnen eines Haushaltes bedeutet nicht nur, die Finanzpolitik mit ihren Steuern und den Umgang mit den Ein- und Ausgaben einer Stadt zu unterstützen. Nein, es bedeutet auch, die politische Ausrichtung in der Kommune mitzutragen oder eben abzulehnen. Mit dieser Haushaltsrede habe ich klar herausgestellt, an welchen Punkten die SPD Fraktion eine andere Richtung einschlagen würde als Bürgermeister Keppeler und die Mehrheitsfraktionen CDU und Grüne. Wir bewerten nicht nur die finanzielle Situation, sondern die Gesamtheit aller politischen Prozesse in unserer Stadt.

Die konkreten Inhalte und die beschriebenen unterschiedlichen Herangehensweisen hinsichtlich zentraler Fragestellungen für die Entwicklung des Gemeinwesens in Pulheim haben uns zu dem Schluss kommen lassen, diesen Haushalt nicht zuzustimmen. Das ändert nichts an unserer Bereitschaft, gemeinsam mit Ihnen konstruktiv zusammenzuarbeiten. Die Türen dafür stehen offen.

Aus diesem Grunde lehnen wir den Haushaltsplan und den Stellenplan 2019/2020 ab!

Zum Abschluss bedankt sich die SPD Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, ihrer Betriebe und Gesellschaften, für ihre engagierte und kompetente Arbeit zum Wohle unserer Gemeinde.

Zu guter Letzt gilt unser Dank auch den Ratskolleginnen und -kollegen, aber natürlich auch dem Bürgermeister und dem Verwaltungsvorstand für die Zusammenarbeit im Rat und auf allen anderen Ebenen des politischen Zusammenwirkens.
Ebenso danken wir den vielen ehrenamtlich Tätigen und allen Institutionen.

Ihnen Herr Bürgermeister, der Verwaltung, der Presse, den Kolleginnen und Kollegen hier im Rat wünsche ich persönlich und im Namen der gesamten SPD Fraktion ein frohes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch und Gesundheit für das Jahr 2019!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!