Ascherdonnerstag 2012

Dierk Timm, Gabi Frechen, Peter auf der Landwehr, Guido van den Berg
Gabi Frechen

"Gauckelei vom Feinsten" – Gabi Frechen zu Gast beim 4. „Ascherdonnerstag“ der SPD in Pulheim – Im gut besuchten kleinen Saal des Kultur- und Medienzentrums der Stadt Pulheim hatte die örtliche SPD zu ihrem jetzt vierten „Ascherdonnerstag“ eingeladen. Wie in den Jahren 2009, 2010 und 2011 hatten sie diesmal als prominenten Gast Gabriele („Gabi") Frechen eingeladen, frühere Bundestagsabgeordnete der SPD. Es sollte sich lohnen, heute dabei gewesen zu sein, besonders wegen Gabi Frechen, dazu später mehr.

Seiner Rolle als Gastgeber wurde Peter auf der Landwehr gerecht, beschränkte er sich doch auf das Nötigste, nämlich Gäste und „Genossen“ zu begrüßen, darunter natürlich Gabi Frechen und den SPD-Fraktions-Chef im Pulheimer Rat, Dierk Timm. Gesehen wurden viele ehemalige und aktive Ratsmitglieder aus allen Teilen Pulheims, aus Stommeln, Sinnersdorf, Brauweiler bzw. Dansweiler und Pulheim-Zentralort. Aufmerksamer Zuhörer waren die stellv. Bürgermeisterin Marlies Stroschein sowie Dezernent Florian Herpel. "Höchster" SPD-Gast war Prof. Dr. Jürgen Rolle, SPD-Fraktions-Chef in der Landschaftsversammlung Rheinland.

"Nichts passiert…!"
Dem SPD-Fraktionschef im Rat der Stadt Pulheim, Dierk Timm, blieb es zunächst vorbehalten, einen Generalverriss der Politik von Bürgermeister Frank Keppeler im Detail zu erläutern, wobei er sich eines Kunstgriffs bediente, nämlich einer „Vision“, wie sich die Stadt Pulheim im Jahre 2020 darstellt – siehe hierzu die komplette Rede von Dierk Timm. Er ließ in dieser Rede keine „Baustelle“ aus, angefangen vom Guidelplatz bis zu den Stadtwerken. „Herr Keppeler, ich fordere Sie auf, hier am Guidelplatz endlich zu handeln…“ Und: „Werden Sie aktiv und räumen Sie Steine aus dem Weg, damit es endlich weiter geht in Brauweiler. Die Brauweiler sagen zu Recht: „Nichts passiert!" – Besonders hier erhielt er starken Beifall, nicht nur von „Genossen“ aus Brauweiler. Fazit und vernichtendes Zeugnis für den Bürgermeister, die CDU und die FDP: „Keine Pläne und Ideen für diese Stadt… Nichts passiert. Stillstand.“

Fernab von einer Büttenrede
Mit einer klar strukturierten und differenzierten Rede – rhetorisch und programmatisch fernab von einer für die Jahreszeit typischen „Büttenrede“ – erläuterte und interpretierte Gabi Frechen die „politische Lage“ und knöpfte sich dabei einige Akteure vor und beleuchtete ausgewählte „wichtige“ Themen der Zeit.

„In Wahrheit Kalkül und Methode“
Da war zunächst der Bundespäsident a.D. Christian Wulff, den sie zwar auch lobte („Israel-Reise“), aber auch kritisierte: „Die Maske ist ab, übrig bleibt nur ein kleiner Mann, der gerne große Welt spielen wollte“. Dann kam Guttenberg, der seinen „Doktortitel aus dem Internet zusammen stoppelte“, der aber am Ende „kein Mitleid“ verdiene. Frechen geht dann mit Breitseiten auf die Person, die „wie ein Mann“ hinter den beiden Personen stand: „Ich würde ganz schnell laufen“, betonte sie, wenn die Kanzlerin mir ihr „vollstes Vertrauen“ aussprechen würde. Das, bilanzierte sie, was die Kanzlerin mache, „hat mit Handeln nichts zu tun. Das ist pure Beliebigkeit und das haben die Menschen in Deutschland nicht verdient“ – begleitet von starkem Beifall im Saal. Dann skizziert sie die vielen „Wendungen“ der Kanzlerin, angefangen bei der Kernenergie bis hin zur Bundeswehr. Was dabei aussehe wie ein Lernprozess, ist in „Wahrheit Kalkül und Machterhalt“.

“Rosinante gesattelt“
Einen breiten Raum widmete sie der Finanzmarktkrise und lobte die Arbeit der SPD-Minister Steinmeier, Steinbrück und Olaf Scholz, deren aktive Mitwirkung die Krise von 2008/2009 habe eindämmen können, aber: „Davon kennt die Regierung nichts…“ Neben einem Seitenhieb auf die Steuerflüchtlinge aus Griechenland, denen „man nicht ans Fell“ gehe, erinnerte sie an die Tatkraft von Peer Steinbrück, den sie gegenüber seinem Amtsnachfolger so umschrieb: „Wo er mit der Kavallerie hin wollte, hat Schäuble Rosinante gesattelt“. Dann sind die Banken und die Ratingagenturen dran, die sich „mächtiger als Regierungen fühlen und mit denen dann die Banken ins Trudeln kommen“. Von der FDP – der „Ein-Thema-Partei“, begann und „endete Regieren mit Steuersenkungen“ – so ist zu vernehmen – hält sie wenig; eher für ein Anhängsel der Regierung Merkel. Kinder nahm sie in ihrem Redebeitrag hervorhebend in Schutz: „Diese brauchen, gleich welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe, welcher Muttersprache, die verbindliche Zusage, dass auch sie nach einer guten Ausbildung die Chance auf eine Arbeit bekommen, von der sie leben können“.

„Time to say Goodbye!“
Dann reklamierte sie eine Politik mit unverkennbaren sozialdemokratischen Merkmalen: „Wir sind die Partei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Unsere Verbündeten sind die Gewerkschaften. Unsere Partner sind aber auch Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich für ihr Unternehmen und die Belegschaft einsetzen.“ Und: „Wir Sozialdemokraten wollen, dass Menschen verantwortungsvoll und frei ihr Leben gestalten…“ – Lang anhaltender Beifall war das Echo aus dem Saal, mutmaßlich auch als Reflex auf die von Frechen beschriebene Szene auf einem Motiv-Wagen des Kölner Rosenmontagszuges, bei dem „Frau Dr. Merkel" mit Hund „Rösler“ Gassi“ geht und der die Überschrift trägt: „Time to say Goodbye!“.

Text/Foto/Fotostrecke: Dr. Ernst Hoplitschek
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