Rede zur Verabschiedung des Haushaltes 2011

09 Timm, Dierk
Dierk Timm, Vorsitzender der SPD-Fraktion

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

28. Oktober 2010:
„Der Bund der Steuerzahler stellt sein Schwarzbuch 2010 vor: Er prangert eine jährliche Steuerverschwendung von rund 30 Mrd. € an.“

30. November 2010:
Tausende demonstrieren gegen Stuttgart 21 – „Heiner Geißler hat sich für Stuttgart 21 ausgesprochen – weil ein Ausstieg zu teuer ist. Der Schlichter fordert aber in mehreren Punkten Korrekturen an den Bahn-Plänen, die ebenfalls nicht billig werden dürften.“ (Spiegel online, 30.11.2010)

Was haben diese beiden Schlagzeilen aus den letzten Wochen mit uns hier in Pulheim zu tun? Was können wir aus diesen beiden Überschriften lernen?

Ich glaube sehr viel! Und das will ich Ihnen in den nächsten Minuten erläutern.

1. Der Bund der Steuerzahler stellt jedes Jahr die schlimmsten Fälle von Steuerverschwendung in seinem Schwarzbuch vor. So sind auch in diesem Jahr wieder zahlreiche große und kleine Fälle von Steuerverschwendung vorgestellt worden. Insgesamt geht der Steuerzahlerbund von einer Gesamtsumme von
30 Mrd. € aus.

Runter gebrochen auf Pulheim ist das eine Summe von fast 2 Mio. €. Auch wenn man die Zahlen des Bundesrechnungshofes zur Grundlage nimmt -er rechnet mit
2,2 Mrd. €- dann ist es in Pulheim immer noch eine erklägliche Summe.
Ich weiß, das ist eine Milchmädchenrechnung. Ich möchte damit aber deutlich machen, dass die öffentliche Hand insgesamt, aber auch wir hier in Pulheim durchaus noch zahlreiche Möglichkeiten haben, um mit den uns anvertrauten Geldern besser umzugehen als zurzeit.

Beispiele gibt es auch hier in Pulheim genug:

1.Beispiel:
Die Fachhochschule des Mittelstandes hier im Pulheimer Walzwerk wird mit Mitteln des Rhein-Erft-Kreises mit rd. 2 Mio. € gefördert. Macht bei 5, in Worten fünf, Studenten eine Förderung von 400.000 € pro Student. Rund 10% davon, also 200 T€ kommt aus dem städtischen Haushalt.

Haben wir soviel Geld? Haben wir keine dringlicheren Aufgaben? Ist das sinnvoll?

Die Kreistagsmitglieder von CDU und FDP und Grünen haben das so beschlossen!

2.Beispiel :
60 T€ für eine zusätzliche halbe Stelle im Ordnungsamt ist im Haupt- und Finanzausschuss mit den Stimmen von CDU und FDP vor zwei Wochen beschlossen worden. Aufgaben: Knöllchen verteilen und sich um Hundehaufen kümmern?

Haben wir soviel Geld? Haben wir keine dringlicheren Aufgaben? Ist das sinnvoll?

3.Beispiel:
Die Ratsmehrheit beschließt 3 Mio. Euro für den Ankauf des Rathaus-Centers ohne auch nur eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vom Bürgermeister vorgelegt zu bekommen. Gleichzeitig werden aber keine zusätzlichen Mittel zur Sanierung der Schulen zur Verfügung gestellt.

Haben wir soviel Geld? Haben wir keine dringlicheren Aufgaben? Ist das sinnvoll?

Die SPD-Fraktion stellt fest:
Hier wird Geld zum Fenster rausgeworfen ohne auch nur eine positive Wirkung für die Pulheimer Bürgerinnen und Bürger.

Nicht das wir uns falsch verstehen: Die SPD spricht sich weiterhin für eine Konsolidierung des städtischen Haushaltes aus. Wir fordern weiterhin einen sparsamen Umgang mit den städtischen Mitteln.
Aber wir halten die Prioritäten die hier vom Bürgermeister -er bringt den Haushalt ja hier ein- und den Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP gesetzt werden, für falsch.

In bestimmten Bereichen spart man sich zu Tode. In anderen schmeißt man das Geld zum Fenster raus.

Es kann doch nicht sein, dass wir nicht 4.000 € für die Frauenberatungsstelle im Café F haben! Es kann doch nicht sein, dass wir die Mittel für die Lokale Agenda um 90% kürzen! Es kann doch nicht sein, dass wir nicht 2000 € für Sprach- und Alphabetisierungskurse haben!

Stattdessen gibt der Bürgermeister 2000 € für die Bewirtung von Unternehmern aus. Schnittchen für die Bonzen?! Oder Wirtschaftsförderung á la Pulheim?

Für die Wirtschaftsförderung wird in Pulheim nichts getan. Oder doch: Es werden immer neue Gewerbeflächen ausgewiesen und verkauft. Es werden neue Baugebiete erschlossen und verkauft. Das ist Wirtschaftsförderung in Pulheim.

Und das, obwohl der Bürgermeister im Wahlkampf auf die Frage, was denn seine erste Amtshandlung sei, falls er gewählt würde, gesagt hat – ich zitierte aus dem Pulheimer Wochenende vom 26. August 2009 – „Ich möchte mich zeitnah mit Pulheimer Unternehmern und Gewerbetreibenden treffen, um Ihre Wünsche und Nöte aus erster Hand zu erfahren.“

Herr Keppeler, das mögen Sie ja gemacht haben, aber ich frage Sie: Welche Initiativen sind daraus gefolgt? Ich habe im Rat nichts davon gehört.
Was machen Sie um neue Firmen anzusiedeln? Wie viele neue Arbeitsplätze sind entstanden? Welche Ideen haben Sie, um die Ortszentren attraktiver zu machen? Wie geht es in Brauweiler mit dem Ortszentrum weiter, wenn der Guidelplatz bebaut ist? Schaffen Sie es, den Durchgangsverkehr deutlich zu reduzieren? Schaffen wir ein „Kulturzentrum Brauweiler“? Was passiert mittelfristig in Pulheim? Wird die Venloer Straße Fußgängerzone? Wann wird endlich das Bree-Beton-Gelände oder das alte Knauber- / Zentex-Gelände wieder genutzt? Wie entwickelt sich Stommeln oder Sinnersdorf? Fahren die Stommelner weiter zum Einkaufen nach Rommerskirchen oder bauen wir endlich die sinnlosen Parkuhren wieder ab? Was ist mit der Westumgehung Sinnersdorf, die den Ortsmittelpunkt stark entlasten wird?

Alles wichtige Punkte der Wirtschaftsförderung. Wichtig für die Bürgerinnen und Bürger in den Orten. Wichtig für die Firmen und Gewerbetreibenden, die bereits hier sind oder sich hier ansiedeln wollen.

Ich höre nichts zu all diesen Fragen von Bürgermeister Keppeler. Und im HFA stimmen Sie, Herr Bürgermeister, mit CDU und FDP gegen einen personellen Ausbau der Wirtschaftsförderung, wie von den Grünen beantragt. Hier wäre unseres Erachtens Geld gut eingesetzt. Wenn Sie es nicht schaffen, sollten Sie wenigstens Mitarbeiter an der Seite haben, die sich diesen wichtigen Fragen widmen und Antworten erarbeiten. Dafür würde die SPD Geld investieren.

Wir würden auch mehr Geld im Bildungsbereich investieren.

Die Expertenkommission unter Vorsitz von Herrn Prof. Burckhart hat gute Arbeit geleistet. Die Zwischen- und Endergebnisse sind im Schulausschuss und auch im Rat präsentiert worden. Alle Beteiligten sind sich bei den Ergebnissen weitestgehend einig:

Wir brauchen eine Infrastruktur für lebenslanges Lernen.
Wir brauchen in Pulheim eine stärkere Vernetzung der verschiedenen Angebote.
Wir brauchen bei den Schülern ein längeres gemeinsames Lernen.

Um das zu erreichen gibt es konkrete Vorschläge:
Es soll ein Bildungsbüro eingerichtet werden. In der Sache sind sich alle einig – so auf jeden Fall mein Eindruck. Aber dafür braucht man nicht nur gute Ideen sondern auch Geld.

Und hier ist der Knackpunkt: Der Bürgermeister hat zwar die Kommission einberufen und aktiv in Ihr mitgearbeitet, er steht auch hinter den Ergebnissen, aber im städtischen Haushalt, den er vorlegt, fehlt das wichtigste: Geld für dieses Projekt.

Kein einziger Cent für das Bildungsbüro.

Die SPD hat gedacht, der Bürgermeister hätte es bei der Aufstellung des Haushaltes eventuell vergessen und hat deshalb einen Antrag auf Einstellung von Sachmitteln und zwei Mitarbeitern eingebracht. Bürgermeister, CDU und FDP stimmen dagegen!

Kein einziger Cent für das Bildungsbüro im Haushalt 2011.

Ein weiterer wichtiger Baustein für die Umsetzung der Ergebnisse ist die Fortentwicklung der Pulheimer Schullandschaft. Nur so können wir dem Ziel des längeren gemeinsamen Lernens näher kommen. Und das wollen wir Sozialdemokraten.

Das bisherige dreigliedrige Schulsystem ist gescheitert. Es muss deshalb weiterentwickelt werden und an die heutigen Bedürfnisse angepasst werden. Wir brauchen keine frühe Trennung der Kinder, sondern wir brauchen viel längeres gemeinsames Lernen. Das sagen alle Experten.

Wie könnte das für Pulheim aussehen:
Die bestehenden Schulen leisten eine ausgezeichnete Arbeit. Wir wollen Sie deshalb -soweit möglich- erhalten und fortentwickeln. Wir brauchen aber auch eine Möglichkeit des gemeinsamen Lernens. Und das sehen wir Sozialdemokraten in einer G-Schule ermöglicht.

Und hier stellen sich die Fragen: Welche G-Schule? Gemeinschaftsschule oder Gesamtschule? Welches pädagogische Konzept und wann soll die Schule starten?

Wir halten beide Schulformen für gut. Aber wir glauben, dass eine Gesamtschule nur die zweitbeste Lösung darstellt. Die beste Lösung und dafür kämpfen wir, wäre die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule:

-Die Gemeinschaftsschule hat deutlich kleinere Klassen als die Gesamtschule: 23 bis 25 statt 30.
-Die Gemeinschaftsschule ist deutlich flexibler, auf die örtlichen Gegebenheiten anzupassen und bietet eine stärkere Gestaltungsmöglichkeit für Lehrer, Eltern und Schüler.
-Die Gemeinschaftsschule kann auch in den Klassen 7 – 10 integrativen Unterricht anbieten. Die Gesamtschule muss hierfür einen Schulversuch beantragen. Und:
-Die Gemeinschaftsschule kann eine gemeinsame Oberstufe mit einem Gymnasium bilden. Die Gesamtschule hat eine eigene Oberstufe und damit deutlich geringere Differenzierungsmöglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler.

Wir wollen den Erhalt der beiden Gymnasien ebenso wie der Realschule sicherstellen, eine Gemeinschaftsschule errichten und darüber hinaus erreichen, dass alle Schulen deutlich stärker miteinander vernetzt werden. Es muss zukünftig möglich sein, dass zum Beispiel der Schüler einer Schule am Unterricht einer anderen Schule teilnimmt. Es muss möglich sein, dass der Wechsel von einer Schule auf eine andere leichter umsetzbar ist als heute. Oder sogar
überflüssig wird, da alle Schüler unterschiedlicher Leistungsstufen gemeinsam in einer Schule lernen.

Damit das möglich wird, müssen wir auch hierfür Geld zur Verfügung stellen. Wir brauchen eine externe Moderation des Prozesses zur Entwicklung einer neuen Pulheimer Schullandschaft und wir brauchen Geld zur baulichen Entwicklung der bisherigen Schulgebäude. Hierfür haben wir erhebliche finanzielle Mittel beantragt. Wir gehen davon aus, dass dies auch kurzfristig umgesetzt wird.

Wir werden keine neuen Schulgebäude bauen können, aber wir müssen die bestehenden Gebäude an die modernen Bedürfnisse anpassen. Die heutige Pädagogik erfordert andere Räume als vor 40 Jahren. Deshalb müssen wir endlich Geld zum Beispiel für das Geschwister-Scholl-Gymnasium, die Marion-Dönhoff-Realschule oder auch einige Grundschulen sowie die neue G-Schule in die Hand nehmen.

Das alles funktioniert nicht ohne Ganztag. Ganztag an den weiterführenden Schulen und Ganztag an den Grundschulen.

Die SPD engagiert sich seit 2002 für den Ganztag an den Pulheimer Schulen. Er ist ein Erfolgsmodell und aus dem Leben von immer mehr Familien nicht mehr wegzudenken. Immer mehr Kinder nutzen den offenen Ganztag an den Grundschulen. Die Anmeldezahlen sprechen für sich. Spitzenreiter ist die Grundschule Buschweg, wo über 80 % der Kinder für den Ganztag angemeldet werden. An keiner Stelle werden weniger als 50 % der Kinder angemeldet. Und das ist gut so. Vor allem für die Kinder. Sie lernen zusammen. Sie spielen zusammen. Und die Phasen des Lernens und Spielens können auch immer mehr abgewechselt werden. Neue pädagogische Konzepte sind so möglich.

Wir wollen auf diesem Weg weiter gehen. Wir unterstützen den Ganztag mit ganzem Herzen und sagen allen, die sich in diesem Bereich engagieren, vor allem den Lehrerinnen und Lehrern und den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von GiP e.V. ein großes Dankeschön.

Aber wir müssen auch als Stadt diesen Bereich stärker unterstützen. Die SPD bedankt sich deshalb bei allen Fraktionen des Rates, dass sie unseren Antrag zur Bereitstellung von jährlich knapp 60 T€ für GiP zugestimmt haben.

Wir müssen hier mehr tun. Wir werden die Einrichtung von zusätzlichen Gruppen der OGS unterstützten und wir werden die Bedingungen der weiterführenden Schulen im Ganztag weiter verbessern.

Hierfür wollen wir finanzielle Mittel investieren.

Der Gesetzgeber hat erkannt, dass auch in der Betreuung der Kinder unter drei Jahren eine Zukunftsaufgabe liegt. Deshalb hat er den Rechtsanspruch für 35 % der Kinder ab dem Jahr 2013 festgeschrieben. 90 % der Baukosten werden vom Bund übernommen. Für den Umbau von sechs Kindertageseinrichtungen hat die SPD-Fraktion für den Haushalt 2010 gefordert, einen städtischen Eigenanteil von 325 T€ zur Verfügung zu stellen. Diese ist im letzten Jahr leider mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt worden.

Umso mehr freuen wir uns, dass diese Maßnahmen jetzt -mit einem Jahr Verspätung- und einem Lernprozess bei den Mehrheitsfraktionen doch beschlossen worden sind.

Wir Sozialdemokraten halten Investitionen in die Zukunft unserer Kinder für ausgesprochen wichtig, gemäß unserem Leitspruch:

„Menschen statt Steine – Bildung statt Beton“

Der dritte Bereich für den wir Geld ausgeben möchten ist das Hallenbad. Eine Stadt wie Pulheim mit über 53.000 Einwohnern braucht nach Auffassung der SPD ein Hallenbad und – ich füge das ausdrücklich hinzu – ein Freibad.

Ich darf aus meiner Haushaltsrede des letzten Jahres zitieren:
„Wir stehen zum Neubau eines Hallenbades am Standort Stommeln. Der Haushalt bis 2009 sieht den Bau eines Hallenbades für 9,66 Mio. € vor… Es ist die falsche Zeit für ein Luxusbad mit Sauna und Wellnesslandschaften. Für einen Mercedes haben wir kein Geld. Uns reicht auch ein Ford. Denn die von uns vorgeschlagene Lösung erfüllt alle Anforderungen des Schulsports, des Vereinssports und der schwimmorientierten Bürgerschaft.“

Der Bürgermeister hat sich zwischenzeitlich dieser Meinung angepasst. Herzlichen Dank!

Wir haben inzwischen mehrere hunderttausend Euro für Gutachten ausgegeben. Zwei neue Machbarkeitsstudien sind in Arbeit. Wir brauchen jetzt keine neuen Gutachten mehr.

Wir brauchen Entscheidungen. Herr Bürgermeister: Ich fordere Sie im Namen der SPD-Fraktion auf, dem Rat schnellstmöglich eine entscheidungsreife Vorlage zur Hallenbadfrage vorzulegen.

Dann muss der Rat sich entscheiden: Wollen wir den Neubau eines Hallenbades oder nicht! Die Zeit des Rumeierns und der Gutachten ist vorbei. Wir brauchen Entscheidungen.

Die SPD-Fraktion ist bereit, konstruktiv an diesen Entscheidungen mitzuarbeiten.

Wir haben genug Geld. Wir nutzen es nur nicht optimal. Es werden vom Bürgermeister und der CDU die falschen Prioritäten gesetzt. Ich habe Ihnen die Prioritäten der SPD aufgezeigt.

2. Nun will ich zur zweiten Schlagzeile kommen, die ich eingangs zitiert hatte: Stuttgart 21 und dem Schlichter oder Mediator Heiner Geißler.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, die SPD-Fraktion vermisst in Ihrem Handel Transparenz und Offenheit. Wir vermissen den konstruktiven Dialog. Wir vermissen die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger, der Engagierten, der Vereine und Initiativen.

Einige Beispiele:

Bisher wurde eine viertel Million Euro für sog. Organisationsuntersuchungen der Verwaltung ausgegeben. 50.000 € sollen zusätzlich noch ausgegeben werden. Was ist dabei herausgekommen? Nicht viel. Der Vorschlag die Steuern zu erhöhen hätte auch -kostenlos- hier im Rat entwickelt werden können. Die übrigen Vorschläge sind in seitenlangen Vorlagen der Verwaltung intensiv untersucht worden und bei den meisten wurde festgestellt, dass sie nicht umsetzbar sind.
Wir haben stattdessen vorgeschlagen, einen anderen Weg zu gehen. Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger fragen. Wir wollen das Know-how der Pulheimerinnen und Pulheimer nutzbar machen. Wir haben vorgeschlagen, einen Bürgerhaushalt einzuführen.

Dies müsste professionell begleitet werden. Sowohl die Moderation des Verfahrens -es muss ja nicht Heiner Geißler sein- als auch die technische, internetmäßige Abwicklung.
Zitat aus der Zeitschrift „Der neue Kämmerer“ –Herr Thelen, sollten sie auch mal lesen: „Die Kämmerer sollten sich auf Bürgerhaushalte einlassen. Die sind eine größere Chance, Sparhaushalte zu beschließen.“
Denn wenn man Zukunft gestalten will, der Titel des Haushaltes ist ja immer noch gleich, dann sollte man auch mal neue Wege gehen und die Bürger aktiv mit einbeziehen.

Beim Thema Bildungslandschaft habe ich eben schon deutlich gemacht, dass die SPD eine intensive Diskussion mit den beteiligten Eltern, Schulleitungen und Lehren, Schülerinnen und Schülern führen möchte. Auch hier schlagen wir den Einsatz von professionellen Moderationen vor. Nur so ist eine neutrale Diskussionsleitung möglich. Nur so werden persönliche Betroffenheiten, die gerade bei diesem Thema vielfach vorhanden sind, profihaft gemanagt.

Ein weiteres Thema wo die SPD seit langem eine mangelnde Transparenz sieht: Das Thema Stadtwerke. Die Stadtwerke Pulheim machen unbestritten einen guten Vertrieb. Sie kommen gut bei den Bürgerinnen und Bürgern an.
Aber: Sind sich alle Ratsmitglieder hier, ist sich der Bürgermeister im Klaren darüber, welche Risiken die Stadt sich hier eingekauft hat? Die meisten Ratsmitglieder kennen die Verträge, die mit Veolia geschlossen worden sind, gar nicht. Information und Transparenz sieht anders aus. Die meisten wissen gar nicht, dass Mitarbeiter der Stadtwerke Pulheim gar nicht mehr in Pulheim sondern in Braunschweig arbeiten, weil es hier in Pulheim nämlich keine Arbeit für sie gibt. Aber waren die Arbeitsplätze nicht ein wesentliches Kriterium bei der Vergabeentscheidung? Das Strom- und das Gasnetz, was diese Mitarbeiter pflegen und warten sollten, wird auf absehbare Zeit nicht in der Verfügungsgewalt der Stadtwerke sein. Ein jahrelanger Muster-Prozess mit dem RWE steht an. Und es ist nicht so, dass die Planungen davon ausgegangen sind, dass wir erst in Jahren das Netz bekommen. Sonst hätte man ja die Mitarbeiter auch erst in Jahren eingestellt.
Auch hier wäre reden gut gewesen. Viele Städte haben die Vorteile von Stadtwerken zwischenzeitlich genutzt und sind durch fruchtbare Verhandlungen mit RWE zu vernünftigen Lösungen gekommen. Pulheim klagt lieber – macht
die Rechtanwälte reich und kann dann in 8 -10 Jahren endlich über die Netze verfügen. Andere können das heute schon.
Die großen finanziellen Risiken will ich hier gar nicht im Detail beschreiben –
aber sie sind da und lassen sich auch in nichtöffentlichen Sitzungen nicht wegdiskutieren. Stattdessen reden wir vom tollen Gewinn von 7 Mio. € durch den Verkauf unserer Anteil. Ist das Geld denn schon auf dem Konto eingegangen oder handelt es sich nur um eine zukünftige Forderung?

Letztes Beispiel zum Thema Transparenz und Offenheit:
Der Bürgermeister plant nicht nur neue Baugebiete, siehe Klottener Straße in Brauweiler, die niemand braucht. Nein, er plant auch eine „Regionaltangente Köln – Rhein-Erft“, einen „Ausbau der L 183 im Rhein-Erft-Kreis und in Köln“ -einen Ausbau der Bonnstraße. Eine Entlastungsstraße für die A1?

Werden die politischen Gremien informiert? Nein.
Ich zitiere hier aus einem Papier vom „2. Treffen der Bürgermeister der linksrheinischen Kölner Nachbarkommunen, des Oberbürgermeisters von Köln sowie des Landrates des Rhein-Erft-Kreises“ vom 22.10.2010.

An anderer Stelle in dem Papier wird es schon konkreter: „Ausbau der L 183 (4-streifig bis zur B 59n)“. Oder gar bis zur A 57 in Sinnersdorf?
Gibt es ein Konzept der Stadt, welches den 4-spurigen Ausbau der Bonnstraße vorsieht? Was bedeutet es im Hinblick auf die Stadtplanung, für Gewerbeansiedlungen, für die Verkehrsplanung? Was bedeutet es für die Bürgerinnen und Bürger, die an der Straße Leben?

Wenn es ein Konzept gibt, kann man Vor- und Nachteile für Pulheim auflisten und dann entscheiden.

Aber auch hier heißt es wieder: Wir müssen drüber reden. Wir müssen es mit den Bürgern diskutieren. Aber stattdessen verschweigt uns der Bürgermeister die Planungen. Im Übrigen ganz im Gegensatz zu den Bürgermeistern in unseren Nachbarstädten Frechen und Köln, die selbstverständlich die politischen Gremien informiert haben.

Ich fasse noch mal zusammen:
Die SPD-Fraktion setzt deutlich andere Prioritäten im Haushalt. Wir wollen mehr Geld in der Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung, mehr Geld im Bildungsbereich investieren und endlich ein Hallenbad in Stommeln bauen.

Außerdem fordern wir den Bürgermeister auf einen Bürgerhaushalt einzuführen, in einen konstruktiven Dialog mit den Bürgern einzutreten um zum Beispiel Themen wie die Bildungslandschaft voranzutreiben. Außerdem müssen die politischen Gremien transparenter über Themen wie Stadtwerke oder die regionale Entwicklung informiert werden.

Aus diesen Gründen lehnt die SPD den Haushalt 2011 ab.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Rat,
verehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,
liebe Bürgerinnen und Bürger,

Ich wünsche Ihnen allen eine frohe Weihnachtszeit, einen guten Rutsch in ein erfolgreiches und gesundes Jahr 2011.

Vielen Dank.

Pulheim, 21. Dezember 2010

Dierk Timm