Faules Spiel mit dem Souverän

Das Verfassungsgericht in Münster hat der Düsseldorfer Landesregierung eine schallende Ohrfeige verpasst. Ausgerechnet ein Innenminister der FDP, die sich so gern als erste Hüterin des Rechtsstaats inszeniert, wurde von den Richtern in die Schranken gewiesen. Ingo Wolfs Wahlgesetz war der schlecht getarnte Versuch der schwarz-gelben Koalition, den Ausgang der Kommunalwahl durch die Terminierung zu ihren eigenen Gunsten zu beeinflussen.

In einer gewissen Variationsbreite ist die Festlegung von Wahlterminen nie ganz frei von parteitaktischen Erwägungen. Eine Kombination mit der Bundestagswahl etwa ist wegen der hohen Wahlbeteiligung günstiger für die großen Parteien. Aber so dreiste Versuche, die Wähler – in Sonntagsreden gern als „Souverän“ tituliert – zu manipulieren, hat es selten gegeben. Der Verfassungsgerichtshof hat darauf die einzig richtige Antwort gegeben.

Doch das hindert die Regierung nicht, ihr faules Spiel fortzusetzen. Nach ihrem Willen sollen die Kommunalwahltermin nun im August, kurz vor der Bundestagswahl, stattfinden. Damit straft sie ihre eigenen Argumente Lügen, die sie gegen die sie dem Gericht noch vor zwei Wochen vorgetragen hatte: Die Zusammenlegung von Europa- und Kommunalwahl im Juni sollte 42 Millionen Euro sparen und die Wahlbeteiligung erhöhen. Das spielt alles keine Rolle mehr. Man wolle der besonderen Bedeutung der Kommunalwahl mit einem separaten Termin gerecht werden, heißt es jetzt formelhaft. In Wahrheit scheut die FDP die Kombination von Kommunal- und Bundestagswahl im September, weil sie ein relativ schlechtes Ergebnis befürchtet. Es ist der pure Machtwille, mit dem Politiker wie FDP-Generalsekretär Christian Lindner den Innenminister zu solch unwürdigen Tricksereien getrieben haben.

Der Ruf der FDP als Bürgerrechtspartei ist damit in NRW aufs Schwerste beschädigt. Ein Schlag wie mit der Abrissbirne war schon Ingo Wolfs Gesetzesvorstoß zur Online-Durchsuchung, den das Bundesverfassungsgericht kassierte – übrigens auf Betreiben eines Liberalen des alten Schlags, des früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum.

Bemerkenswert ist das Verhalten der CDU, die Wolf zum Sündenbock für die Schlappe in Münster macht. Fraktionschef Helmut Stahl tut so, als hätte die Union mit der Mauschelei nichts zu tun. Doch sie hat bei dem Versuch mitgemacht, dem schwarz-gelben Bündnis Vorteile zu verschaffen. Das alles ist kurzsichtig, gefährlich und schadet der Demokratie. Die Akteure verkennen, dass sie in Wahlen die Legitimation erhalten, Treuhänder der Bürger auf Zeit zu sein. Die Regierung darf nicht einmal den Anschein erwecken, den Wählerwillen nach eigenem Gutdünken zu frisieren.

Die jüngste Schlappe in Münster steht vorläufig am Ende einer Reihe von Fehlschlägen: Seit Monaten steht die West-LB am Abgrund, und keine Lösung ist in Sicht. Ex-Minister Oliver Wittke flog buchstäblich aus der Kurve. Und mit der Neuregelung zur wirtschaftlichen Tätigkeit kommunaler Betriebe könnte sich die Regierung wegen Kollisionen mit dem EU-Recht schon bald die nächste Niederlage einhandeln.

Kraftvoll war Regierungschef Rüttgers 2005 angetreten. Inzwischen ist der Vertrauensvorschuss, den seine Regierung damals mit auf den Weg bekam, geschrumpft, wenn nicht erschöpft.

Von Heinz Tutt, 18.02.09, 20:47h