Einzelhandelsgutachten stellt „hausgemachte Angebotsschwäche“ fest

Pulheim (gp). Im Auftrag der Stadt hat die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) ein Gutachten zur Situation des Pulheimer Einzelhandels erarbeitet. Alle im Stadtgebiet ansässigen Einzelhandelsbetriebe wurden erfasst, 95 Betriebe und 2000 repräsentativ ausgewählte Bürger schriftlich befragt. Außerdem wurden die Wohnorte von 38.600 Kunden erfasst.

Die Ergebnisse stellte Peter U. Berger im Haupt- und Finanzausschuss vor. Vor allem zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs kaufen die Pulheimer gerne in ihrer eigenen Stadt ein. Allerdings attestiert das Gutachten Pulheim eine nur geringe Ausstrahlungskraft auf das Umland und kommt zu dem Ergebnis, dass Pulheim als "Selbstversorgergemeinde" zu bewerten ist.

Die Hälfte des Umsatzes entfällt auf den Bereich Nahrungs- und Genussmittel und wird erzielt von 102 der insgesamt 287 Betriebe auf einem Drittel der Gesamtverkaufsfläche. Im Vergleich zu anderen Städten konstatieren die Gutachter in Pulheim eine unterdurchschnittliche Verkaufsflächenausstattung und machen Angebotsdefizite aus. Während die Branchen Schreibwaren, Bücher, Bau- und Heimwerkerbedarf, Foto, Optik gut abschneiden, ist die Angebotsvielfalt in den Bereichen Elektro, Schuhe, Sport, Bekleidung sowie Möbel und Einrichtung nicht genügend ausgeprägt. Nicht zuletzt dieser Umstand sowie auch die Lage Pulheims in direkter Nachbarstadt zur Großstadt Köln sind ursächlich dafür, dass lediglich 51 Prozent der Kaufkraft in Pulheim verbleibt, während 49 Prozent vor allem bei der Deckung des mittel- und langfristigen Bedarfs in das Umland abfließt – ein hoher Anteil, wie der Einzelhandelsfachmann findet und dessen Ursache in einer "hausgemachten Angebotsschwäche" liegt.

Im Gegenzug werden lediglich 17 Prozent des Einzelhandelsumsatzes mit auswärtigen Kunden erzielt – Folge einer nur geringen Attraktivität Pulheims für externe Kunden. Eine wichtige Ergänzungsfunktion zum eher kleinteilig strukturierten Einzelhandel übernimmt der Standort im Pulheimer Gewerbegebiet mit großflächigen Anbietern.

Was das Image angeht, bekommt der Pulheimer Einzelhandel zwar gute Noten bei der Bedienungsfreundlichkeit, den Ladenöffnungszeiten und der Erreichbarkeit. Die mangelnde Angebotsvielfalt und das altersgerechte Angebot werden aber kritisiert.

Kritisch äußern sich die Bürger zum Thema Parkgebühren.

Die höchste Kritikquote mit 90 Prozent verzeichnet dabei Stommeln.

Bis zum Jahr 2020 prognostizieren die Gutachter einen zusätzlichen Verkaufsflächenbedarf in Höhe von bis zu 18.000 Quadratmetern. "Diese Flächen sollten genutzt werden, um den Einzelhandel zu qualifizieren", so Berger. Auch ein Möbelhaus, auf dem Baugebiet am Schwefelberg etwa, so Berger könnte "verträglich" sein. Allerdings warnt der Einzelhandelsfachmann davor, das Gewerbegebiet zu einer "Ersatzinnenstadt" mit zentrumsrelevanten Sortimenten zu machen. Er schlägt Angebotsergänzungen in der City und eine Aufwertung des Einzelhandels in Pulheim durch die Verdichtung des Einzelhandels in der Stadtmitte (am Köstersaal, Steinstraße, Jakobstraße) vor.

Was die Stadtteile angeht, warnt Berger eindringlich vor der seiner Meinung nach "hochgefährlichen" Ansiedlung von Lebensmitteldiscountern in peripheren Lagen: "Lebensmittelmärkte muss man in zentralen Lagen belassen, da die kleinen Geschäfte deren Frequenzwirkung brauchen."

Erheblichen Beratungsbedarf und Zeit, um zu Entscheidungen zu kommen, meldeten die Parteien nach den Ausführungen Bergers an.

Quelle: online-Ausgabe der Sonntags Post vom 29. April 2008