Rolf Uebach
Rede zur Verabschiedung des Haushaltes 2007
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
im letzten Jahr ist einiges zur Stadtentwicklung abgeschlossen beziehungsweise auf den Weg gebracht worden. Das Kultur- und Medienzentrum in Pulheim wurde eröffnet. Der Guidelplatz in Brauweiler kann jetzt gestaltet werden, auch wenn die CDU beim Ratsbeschluss in den Büschen war überraschenderweise oder auch nicht überraschend.
Sagt doch die CDU: Wir machen Pulheim. Heißt dies: Brauweiler ist uns egal, Sinthern/ Geyen interessiert uns nicht? Beim Beschluss zur Planung der Ortsmitte von Sinnersdorf waren Sie auch zögerlich, haben aber noch die Kurve bekommen. Die Bahnhofsumfeldgestaltung in Stommeln schleppt sich seit zig Jahren müde dahin. Von der Idee über die Planung zur Durchführung vergehen etliche Jahre. In fünf oder sechs Jahren ist bisher kein größeres Projekt realisiert worden. Ob die Landtagsmehrheit von CDU und FDP dies nicht weiß? Ihre Beschlüsse zur Gemeindeordnung sind ein Kompromiss, sagen sehr viele. Ich sage: Der Kompromiss ist nicht faul, er ist verwest. Oder mit Herbert Wehners Worten: Das ist nicht Quatsch, das ist Quätscher.
Die gutwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung will ich ausdrücklich in Schutz nehmen. Ich höre, dass sie einen Großteil ihrer Arbeitszeit mit verwaltungsinternen Arbeiten verbringen müssen. Die Verwaltung beschäftigt sich immer mehr mit sich selbst, mit Arbeit, die als unsinnig und zeitraubend angesehen wird. Es verstehen sehr wenige, wenn z. B. Mitarbeiter des Bauhofs etwas zu einer Schule transportieren und die Bitte des Hausmeisters, etwas wegzufahren, zurückweisen, da sie hierfür keinen Auftrag hätten. Das heißt: Sie fahren zurück zum Bauhof, am übernächsten Tag liegt der Auftrag vor, sie fahren dann wieder zur Schule und fahren genau das weg, was sie zwei Tage vorher liegen ließen.
Die SPD kann sich hier intelligentere Lösungen vorstellen. Interessant wäre ja einmal zu untersuchen, wie viele Stellen in der Verwaltung es kostet, dass diese Verwaltung sich immer mehr mit sich selbst beschäftigt. Ihre eigentliche Aufgabe ist es doch, Dienstleister für die Bürgerschaft zu sein.
Wenn ich das richtig sehe, hat sich nur die SPD in Pulheim um den Erhalt der Polizeiwache gekümmert und eingesetzt. Wir können nicht sagen, dass wir großartigen Erfolg hatten. Ja, es bleibt der Wachdienst in der Nacht, aber die Kriminalpolizei geht, die Schutzgruppe Rüttgers kommt nicht. Der Wachleiter in Pulheim geht, der Einsatz der Streifenwagen kommt von Frechen. Die Neuorganisation der Polizei durch die Landesregierung ist ein Rückschritt. Die Einheit der Polizei vor Ort wird aufgelöst. Erfahrene (Führungs-)kräfte der Polizei sagen, dass die Polizei gegen die Wand gefahren wird. Wir Sozialdemokraten werden die Entwicklung aufmerksam verfolgen.
Sicherheit ist ein hohes Gut. Wer schützt uns vor RWE? Die Konzentration der neuen Kraftwerke auf Niederaußem und Neurath ist eine Schweinerei. Wir werden dies nicht still und klaglos hinnehmen. Vor allen Dingen fordern wir, die alten Dreckschleudern in Frimmersdorf unverzüglich vom Netz zu nehmen, so wie es vereinbart und zugesagt war. Kann denn RWE machen, was es will? Die Verwaltung soll uns im nächsten HFA einen Sachstandsbericht geben. Ich erwarte eine deutlich härtere Gangart, auch von der Verwaltung. Rechtsstaat kann ja nicht bedeuten, dass die Mittel nur gegen Kleine eingesetzt werden und man vor den Großen kuscht.
Anfang November hat die Verwaltung den Haushaltsentwurf eingebracht. Er sah bei einem Volumen von 107 Mio. im Verwaltungshaushalt ein Defizit von 458.000 vor, das durch Rücklagenentnahme ausgeglichen werden sollte. Der Finanzplan entsprach in keiner Weise den Orientierungsdaten der Landesregierung. Die Art und Weise, wie die Verwaltung Haushaltsentscheidungen vorbereitet, halte ich nicht für angemessen. Ein selbstbewusster Rat hätte die Verwaltung aufgefordert, ihre Hausaufgaben ordnungsgemäß zu machen und dann erst entschieden. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse hat die SPD-Fraktion verzichtet, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Wir haben verzichtet, von den willfährigen Mehrheitsfraktionen CDU, FDP und Bürgerverein niedergestimmt zu werden. Aber: Damit ist das Problem nicht erledigt. Es wird noch etwas nachkommen.
Anfang Dezember hatte sich die Einnahmesituation im Verwaltungshaushalt um ca. 1,2 Mio. verbessert, mehr Steuereinnahmen, höhere Schlüsselzuweisungen. Fakt ist: Pulheim hat einen in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Verwaltungshaushalt, darüber hinaus noch über 500.000 disponible Mittel. Die Haltung der Verwaltung ist wie immer: Sie sieht überall finanzielle Risiken, verschweigt die Chancen. Nach dem Motto: Wenn der Rat etwas will, soll er sagen, wie er es finanzieren will. Wenn die Verwaltung etwas will, sagt sie, wie sie es finanziert. Beispiel: Mehreinnahmen aus Zinseinnahmen. Die Zinseinnahmen im Haushaltsentwurf sind so kalkuliert, als ob es für Tagesgeld gerade mal etwas mehr als 1 % Zinsen gäbe. Das Rechnungsergebnis der letzen Jahre zeigt, dass dieser Einnahmebetrag haushalterisch verdoppelt werden kann, ohne dass ein Risiko besteht. Wir reden über mehr als 200.000 .
Das größte Risiko liegt in der Verwaltung selbst. Wo sind die zugesagten 1,3 Mio. durch Einführung eines Immobilienmanagements? Sie suchen das Geld, aber gefunden haben sie es bisher nicht. Im Gegenteil: Die Berichte des Immobilienmanagements sind Berichte des finanziellen Grauens, Berichte des Irrtums. Ich nenne nur ein Beispiel, ich will ja vor Weihnachten gnädig sein. Die Schreckensmeldungen sind auch nur in kleiner Dosis halbwegs verkraftbar. Mein Beispiel: Dachsanierung des Schulzentrums Brauweiler. Waren wir im letzten Jahr noch bei Kosten von 550.000 , stehen jetzt schon Kosten von über 800.000 fest. Die Änderungsanträge der SPD-Fraktion zum Haushalt waren finanziell geringer als die Steigerungen beim Superdach von Brauweiler.
Die Investition in Steine ist notwendig, aber mindestens so notwendig und wichtig, ich sage wichtiger ist die Investition in Köpfe. Wer die Zukunft nicht verspielen will, der muss in Köpfe investieren. Der muss die von uns beantragten Betreuungsangebote rasch und konsequent ausbauen, der muss für Kinder und Jugendliche Steuermittel gezielt einsetzen. Angesichts der demographischen Entwicklung ist nur so die Zukunftsfähigkeit der Stadt Pulheim zu garantieren.
Jede Bürgerin, jeder Bürger Pulheims soll wissen, dass solche SPD-Politik vor Steuererhöhungen der Kommune schützt. Dies scheinen CDU, FDP und Bürgerverein noch nicht begriffen zu haben.
Ich zitiere jetzt einen Passus aus der letztjährigen Haushaltsrede: Ich hätte meine letztjährige Haushaltsrede in Gänze vortragen können, Wesentliches hat sich nicht geändert.
Große Aufregung verursacht die Sportstättennutzungsgebühr. Wir Sozialdemokraten sind mit dem Angebot der Vereine, dem belastbaren, verlässlichen Angebot zufrieden. Wir hätten uns allerdings eine Freistellung für Kinder und Jugendliche gewünscht. Wir treten ein für den Konsens, nicht für das Diktat der Gernmächtigen. Wie wollen Sie das Geld eintreiben? Welches Klima schaffen Sie mit ihrer Haltung? Nach unserer Vorstellung sollten die Vereine den Unterhalt von Hallen und Plätzen übernehmen, wie dies in Fliesteden, Hilden, Duisburg und anderswo mit Erfolg praktiziert wird. Wir suchen hier eine lösungsorientierte Antwort. Und heute? Die peinliche Posse war vorhersehbar. Wir sind keine Hellseher, sondern praktizieren Vernunft. Zur lösungsorientierten Antwort gehört auch zu prüfen, ob durch Bildung von Betrieben gewerblicher Art Einnahmen zu erzielen sind. Die Verwaltung hat unseren Prüfauftrag angenommen. Zur Sportstättennutzungsgebühr passt der Satz von Albert Einstein: Der clevere Mensch löst Probleme, der kluge Mensch vermeidet Probleme.
CDU, FDP und Bürgerverein machen hier eine Politik ohne Klugheit.
CDU, FDP und Bürgerverein halten an der Abwassergebühr nach dem Frischwasserverbrauch fest. Dies ist eine Politik gegen Familien, gegen Kinder.
CDU. FDP und Bürgerverein machen hier eine Politik ohne Gerechtigkeit.
Wir haben angesichts der verbesserten Haushaltslage beantragt, Kürzungen von 58.200 Euro im Schulbereich rückgängig zu machen. CDU, FDP und Bürgerverein haben dies niedergestimmt. Dies ist eine Politik gegen Kinder und Jugendliche. CDU, FDP und Bürgerverein machen hier eine Politik ohne Zukunftsperspektive. Halsstarrig und verbohrt halten sie an der Parkraumbewirtschaftung fest. Die Verwaltung will die Zahlen noch nicht bekannt geben. Klar, sie schämt sich. Dieser Flop ist offensichtlich. Ich sage Ihnen voraus: Es wird enden, wie bei der gescheiterten Privatisierung der Abwassereinrichtung. Nach und nach werden Sie der Position der SPD-Fraktion folgen. Sie betreiben eine Politik gegen Arbeitsplätze.
CDU, FDP und Bürgerverein machen hier eine Politik ohne Sinn und Verstand.
Angesichts der verbesserten Haushaltslage haben wir beantragt, die Kürzungen bei der Kameradschaftspflege der Feuerwehr rückgängig zu machen. Wir reden über 2.625 bei einem Verwaltungshaushalt von 107 Mio . Sie haben dies niedergestimmt. Für mich unfassbar. Die Mitglieder der freiwilligen Feuerwahr setzen nicht nur ihre Gesundheit aufs Spiel, sie sind finanziell ein wesentlicher Stabilisator des Verwaltungshaushalts. Gäbe es sie nicht, müsste jede Bürgerin, jeder Bürger erheblich mehr Steuern zahlen. Wir reden über 7 pro Feuerwehrkameradin oder Feuerwehrkamerad. Ich finde, Missachtung kann man deutlicher nicht aussprechen. Ihre Ablehnung ist eine Politik gegen Solidarität und finanzielle Vernunft.
CDU, FDP und Bürgerverein machen hier eine Politik ohne Herz.
Eine solche Politik ohne Klugheit, ohne Gerechtigkeit, ohne Zukunftsperspektive, ohne Sinn und Verstand und ohne Herz ist mit Sozialdemokraten nicht zu machen.
Wir lehnen diesen Haushalt ab.
Ihnen allen wünsche ich persönlich für 2007 alles Gute, vor allen Dingen Gesundheit und Zeit zum Nachdenken, vor allem über Grundsätze der Politik.
Das Letzte, was stirbt, ist die Hoffnung.
Pulheim, 19. Dezember 2006